Posthum sind nun seine Tagebücher der Jahre 1996 und 1997 erschienen: „Ich sammle mein Leben zusammen“ . Sie waren ihm seinerzeit Trostspende und Klagemauer zugleich. Sie geben über die Zeit, als ein Schlaganfall den sonst wortgewaltigen Brummbär kurzzeitig sprachlos gemacht hatte, private Einblicke ins Leben eines mit dem Älterwerden hadernden Mannes.
„Für ihn, der so eloquent war, der jede Situation – scheinbar zumindest – im Griff und auf alles eine Antwort parat hatte“, sagt Sohn Daniel Krug, Jahrgang 1964 und der Älteste der drei Kinder des Schauspielers mit seiner Frau Ottilie, „muss es hart gewesen sein, dass er nach dem Schlaganfall sprachlos war und kaum sagen konnte, dass er die Brille gern geputzt haben wollte.“
Schon in den 70er-Jahren hatte er eine Zeit lang Tagebuch geführt. Damals dokumentierte er die Phase seiner Übersiedlung von der DDR, wo man ihn als Jazz-Musiker und wegen seiner vielen Rollen in Film und Fernsehen („Wege übers Land“, „Fünf Patronenhülsen“) schätzte, in die Bundesrepublik.
Das fast 20 Jahre später veröffentlichte Buch „Abgehauen“, eine schonungslose Abrechnung mit dem SED-Regime, wurde zum Bestseller. Beide Systeme hat er erlebt, und zu beiden Systemen äußerte er sich immer wieder kritisch: zur Überwachung der DDR, zum Kapitalismus in der BRD. Er sah sich irgendwo dazwischen.
„Ich sammle mein Leben zusammen“ aus dem Nachlass ist eine Chronik der 90er-Jahre: Erzählt wird von Ehebruch und einer geheimen Zweitfamilie, über die Ausreise aus der DDR, sein Selbstverständnis als später Vater seiner außerehelich geborenen Tochter Marlene, und von Gedanken zur eigenen Vergänglichkeit, nachdem von einer Sekunde zur anderen die Existenz ins Schwanken geraten war. Und er sich „hilflos, waidwund“ fühlte. Und war doch ein Liebender. Als Marlene noch kein Jahr alt ist, notiert Krug: „Sie begrüßt mich immer mit dem breitesten Lächeln, dessen sie nur fähig ist. Als Schauspieler muss ich sagen: sie macht fast zu viel.“
Auch Daniel Krug erinnert sich an einen liebevollen, fürsorglichen und zärtlichen Vater. Viel mehr sei er gewesen als der „Chauvi und Bohemien“, als der er in den Medien erschien.
„Ich sitze allein in meiner Bude, mir laufen die Tränen runter. Ich genieße es“, schreibt er nach dem Tod seines Lebensfreundes Jurek Becker 1997.
„Welche wunderbare Eigenschaft an uns Menschen. Der größte Ganove kann sich an den eigenen Tränen reinigen. Ich weiß, warum das Tier über die Fähigkeit zu weinen nicht verfügt. Es braucht sie nicht. Keine Ganoven unter den Tieren.“
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