Alle Menschen sind Aliens

Am 26. Februar im Gartenbaukino: T.C. Boyle kommt – wie schon vor eineinhalb Jahren – nach Wien
Hart auf hart. Über die mörderische amerikanische Seele.

Sie ist ja auch etwas eigen. Fährt demonstrativ ohne Nummernschild durch Kalifornien, und wenn ein Polizist das Auto zur Seite winkt und den Führerschein sehen will, dann sagt Sara: "Ich bin eine souveräne Bürgerin. Ich habe keinen Vertrag mit Ihnen."

"Ma’am?"

"Ich wiederhole es noch einmal. Ich – habe – keinen – Vertrag – mit – Ihnen."

Sara hat etwas anderes: ein Problem mit der Staatsgewalt.

Auch hat sie etwas dagegen, dass selbst der Himmel ein Preisschild hat.

Aber das ist absolut nichts gegen Adam – jenen Autostopper, den sie mitnimmt. Sara, 40 plus, will dem 25-Jährigen erklären, dass es nicht gut ist, Sklave der Konzerne, der Ölfirmen, der Polizei ... zu sein.

Dabei ist Adam hundert Mal radikaler als sie. Für ihn sind wirklich alle Politiker Verbrecher; und alle Menschen sind seine Feinde – sind Aliens.

Adams Eltern fühlen sich als Versager und haben ihn abgeschrieben. Nein, nein, aus Adam wird nicht mehr so ein Kerl wie der Vater: Vietnam-Veteran, Schuldirektor und auch im Alter noch ein Held. Als er nämlich kürzlich während eines Urlaubs in Costa Rica einen jungen Dschungelräuber mit den Händen umbrachte.

Er verteidigte sein Geld.

So hart ist Amerika.

Wie ein Trapper

Alle Menschen sind Aliens
Buchseite

Ist Sohn Adam so ganz anders? Er hat halt Waffen versteckt und verteidigt sein Marihuanafeld.

Das Marihuanafeld ist selbstverständlich illegal. Aber Adam sieht das nicht so eng. Er ist frei, unabhängig und nennt sich Colter ... nach dem legendären Trapper John Colter ( 1813), der angeblich, nur angeblich, viele Blackfoot-Indianer umgebracht hat.

T.C. Boyles neuer Roman – schon wieder einer, er erscheint auf Deutsch, Wochen bevor er in den USA in die Buchhandlungen kommt – kreist um das Zitat von D. H. Lawrence:

"Die amerikanische Seele ist ihrem Wesen nach hart, einzelgängerisch, stoisch und ein Mörder. Sie ist noch nicht geschmolzen."

Cormac McCarthy zeigt das ja ebenfalls, Roman für Roman. Kurz und schmerzhaft. Landsmann Boyle macht es unterhaltsamer, seine Sätze töten nicht, und wenn’s letztlich "Hart auf hart" zugeht, so erlaubt er es sich trotzdem, mit Humor zu verstören.

Was überrascht, weil er in manchen seiner Bücher, die einen ironischen Ton gebraucht hätten, darauf verzichtet hat.

Wird wieder ein Bestseller, logisch.

KURIER-Wertung:

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