Steirischer Herbst: Ein Krieg in der Ferne – in die Nähe gerückt
Wieder einmal stellt Ekaterina Degot ihr Gespür für aktuelle Entwicklungen unter Beweis: Die aus Moskau gebürtige Intendantin des Steirischen Herbstes gab als Motto für die 55. Ausgabe „Ein Krieg in der Ferne“ aus. Das Thema sei zwar schon im vergangenen Jahr fixiert worden, räumte Degot bei der Programmpräsentation ein, „aber aus dem Krieg in der Ferne ist ein Krieg in der Nähe geworden“.
Nach dem Beginn der russischen Invasion im Februar wollte sie konkret werden – „und alles auf die Ukraine zuschneiden“. Als Prolog ist seit 1. Juli und bis Monatsende in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum eine Schau über die Ukraine in Videokunst und Film zu sehen, kuratiert von Mirela Baciak und David Riff. Ebendort wird ab
22. September eine große Ausstellung gezeigt – als „Herzstück des Festivals“. Ausgangspunkt bildet die Moderne-Sammlung der Neuen Galerie: „Manche Arbeiten scheinen auf den ersten Blick arglos, andere sind verstörend politisch. Sie werden zeitgenössischen Kunstprojekten gegenübergestellt, von denen viele neu in Auftrag gegeben wurden.“ Spuren ignorierter Kriege, verborgener Geschichten und unterdrückter Konflikte sollen offengelegt werden. Im Zuge der Reflexionen stellt sich das Festival auch der eigenen Geschichte – und jener der Neuen Galerie.
Zumindest temporär (die Schau läuft bis 12. 2.) macht man einen kapitalen Fehler rückgängig: Die Neue Galerie wird wieder über den historischen Eingang in der Neutorgasse zu betreten sein. Seit der Fertigstellung des Joanneumsviertels im Jahr 2011 ist das Gebäude nur mehr über den Keller zugänglich.
Das performative Programm bestreiten u. a. Boris Charmatz, Boris Nikitin, Giacomo Veronesi, Ming Wong und Raed Yassin, im Forum Stadtpark wird eine Schau zum Filmemacher Harun Farocki gezeigt, die sich gegen die Kriege des 20. und 21. Jahrhunderts richtet. TRENK
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