Während Gloger noch ankommen muss, ist Bachmann schon heimisch geworden. Seine erste Saison ist dem Basler tatsächlich geglückt: Viele Abende endeten mit Standing Ovations, wie die Inspizienten in ihren täglichen Abendreports vermerkt hätten. Und die positive Stimmung werde auch von den Zahlen bestätigt: Die Auslastung konnte im Vergleich zur letzten Saison unter Martin Kušej von 71,6 Prozent auf gegenwärtig über 78 Prozent gesteigert werden, wobei die riesige Burg mit 77,3 Prozent etwas schwächer abschnitt als das weit intimere Akademietheater mit 79,55 Prozent.
Bachmann und Jonigk strahlten um die Wette (wenn sie gerade nicht fotografiert wurden), sie wirkten geradezu entspannt. Aber sie blickten mit Sorge in die Zukunft. Einerseits ob der wenig rosigen Budgetaussichten: Die geforderte Valorisierung der Basisabgeltung kann sich Bachmann abschminken. Und selbst ein Stagnieren der Subvention kommt einer Kürzung gleich, da die Gehälter, das Gros der Ausgaben, permanent wie unbeeinflussbar steigen. Eine Anhebung der Kartenpreise in den teuren Kategorien um 4,5 Prozent ab dem Herbst ist daher unabdingbar. Und dank der gebildeten Rücklagen kommt man zumindest bis 2026 durch.
„Glaube Liebe Hoffnung“
Auch die gegenwärtigen Transformationsprozesse sorgen für ein mulmiges Gefühl. Bachmann empfiehlt daher Bachblüten: In Zeiten wie diesen schaffe die Erzählung Orientierung, auch wenn den Stoffen Rätselhaftigkeiten innewohnen, auf die es keine schnellen Antworten geben könne. Wenn es daher eine Art Programmatik für die Burg gibt, dann ist es „das Erzählen von Geschichten“.
Ähnlich argumentiert natürlich auch der neue Gegenspieler Gloger. Mithin dürfte ein Konkurrenzkampf ums Publikum ausgebrochen sein: Volks- wie Burgtheater überbieten sich in der nächsten Spielzeit geradezu mit großen Titeln und (alt-)österreichischen Dramatikern. Da wie dort gibt es zum Beispiel einen Ödön von Horváth, im Akademietheater inszeniert Lucia Bihler „Glaube Liebe Hoffnung“ (Premiere: 26. 3.).
Mit Österreichern startet Bachmann an beiden Spielstätten in den Herbst: Am 4. September hat seine Inszenierung von „bumm tschak oder der letzte henker“ von Ferdinand Schmalz Premiere (die Uraufführung der Dystopie ist am 18. Juli bei den Bregenzer Festspielen), im Burgtheater folgt tags darauf „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus, die am 25. Juli bei den Salzburger Festspielen herauskommen werden.
Nach zwei weiteren Übernahmen aus Bachmanns vormaliger Wirkungsstätte (die Kuh Köln sei dann aber ausgemolken) am 13. und 14. September – Heinrich Bölls „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und Henrik Ibsens „Gespenster“ – geht es mit den Österreichern weiter: Fritzi Wartenberg, zuletzt mit „Elisabeth!“ von Mareike Fallwickl erfolgreich, inszeniert „Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“ von Werner Schwab (ebenfalls mit Stefanie Reinsperger); in der Burg dramatisiert Therese Willstedt Thomas Bernhards Roman „Auslöschung“.
In der Folge reaktiviert Reinsperger „Selbstbezichtigung“ von Peter Handke (Premiere war 2015 im Volkstheater), Bastian Kraft inszeniert Johann Nestroys „Zu ebener Erde und erster Stock“ über die Kluft zwischen arm und reich, und Karin Henkel bringt „Sankt Falstaff“ von Ewald Palmetshofer zur heimischen Erstaufführung. So viel Österreich war wohl seit Peymann nicht mehr.
Insgesamt umfasst die Jubiläumsspielzeit 2025/’26 – die Burg feiert ihr 250-jähriges Bestehen – 27 Produktionen. Ins Auge stechen: Nicholas Ofczarek spielt den Titelwüterich in William Shakespeares „Richard III.“ (Regie: Johan Simons, Premiere am 21. 11.); Philipp Stölzl setzt den Roman „Isidor“ von Shelly Kupferberg über die Judenverfolgung in Wien während der NS-Zeit um; Barbara Frey kombiniert Texte von Robert Walser unter dem Titel „Der irrende Planet“; Nils Strunk und Lukas Schrenk, denen mit der „Schachnovelle“ ein unglaublicher Erfolg gelang, machen mit „Gullivers Reisen“ ein „Spektakel für alle“.
„Das Ferienhaus“
Stefan Bachmann gibt mit Thornton Wilders „Wir sind noch einmal davongekommen“ eine Durchhalteparole aus; und Simon Stone lässt wieder mehrere Stücke in einer Villa spielen: Auf den Maxim-Gorki-Abend „Komplizen“ (2021) folgt ab 18. Dezember im Burgtheater „Das Ferienhaus“, gefüllt mit heiteren Ibsen-Tragödien.
Zur Verfügung steht ab dem Herbst das renovierte Kasino am Schwarzenbergplatz, dort erlebt die Aufforderung zum Tanz „Turn“ von und mit Gob Squad ihre Uraufführung. Spannend werden „Solaris“ nach Stanisław Lem (der SF-Autor nahm 1961 das Metaverse vorweg) und die Erkundungsreise „Die Nacht kurz vor den Wäldern“ von Bernard-Marie Koltès. Zudem übersiedelt das inklusive Projekt „Jetzt!“ ob des Ansturms vom Vestibül ins Kasino. Generell wird dort von Donnerstag bis Samstag gespielt. Und das Ensemble?
Bleibt mehr oder weniger gleich: Julia Windischbauer, Philipp Hauß und Markus Scheumann gehen ab, Mehmet Ateşçi kommt zurück.
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