Starke Zeiten für Pop-Pensionisten
Die geburtenstarke Nachkriegs-Generation, vom Marketing gern unter dem Schlagwort Babyboomer angesprochen, ist längst die kaufkräftigste und für die Werbung wichtigste Bevölkerungsgruppe. Und sie, so stand kürzlich in der deutschen Wochenzeitung Die Zeit, „bestimmt, was wir sehen und was wir hören“.
Statt zum Hochkultur-Abo zu wechseln, bleiben sie beim Pop – und bestimmen seine Entwicklung (mit nach langen Arbeitsjahren gut gefülltem Börserl) mit. Mit den Boomern ist Pop dort, wo er konstant viel Geld bringt, längst im Pensionsalter angekommen. Das zeigt sich auch dieser Tage wieder: Die 68er-Generation (nicht die Hippies, sondern die rund 68-Jährigen) bestimmt erneut das Popgeschehen.
Neue Alben von Rod Stewart (68) und Agnetha Fältskog (das „A“ aus ABBA, inzwischen 63) kommen innerhalb einer Woche auf den Markt. Die Stones-Tournee dürfte das Live-Ereignis des Jahres werden. David Bowies Karriere fing mit 66 Jahren (und neuem Album) wieder an. Selbst Punker wie Campino sind schon 50.
In Österreich sind die Popveteranen zwar ein wenig jünger – aber auch hier bekommt das nächste Woche erscheinende Album „Besser wird’s nicht“ von Rainhard Fendrich (58) viel mediale Aufmerksamkeit.
Die Listen der bestverdienenden Stars werden ohnehin regelmäßig von Pop-Veteranen angeführt. Eine eigene Liste gibt es sogar über die Spitzenverdiener, die bereits tot sind. Und selbst die verdienen oft noch mehr als viele ihrer jungen Kollegen.
Zeitlos
„Irgendwann werden wir alt sein“, singt Asaf Avidan in einem der eingängigsten Ohrwürmer der laufenden Popspielzeit, „One Day“. Aber Alter spielt im Pop keine Rolle mehr.
Auch Rod Stewart hat soeben einfach einmal zwei Jahrzehnte übersprungen: Die Songs auf dem neuen Album „Time“, das am heutigen Freitag erscheint, hat er erstmals seit 20 Jahren wieder selbst geschrieben. Die sind noch dazu toll anzuhören. „Für mich ist das selbst ein Wunder“, sagt Stewart. „Ich hatte das Songschreiben aufgegeben. Ich weiß nicht, ob es mit dem Alter zurückgekommen ist – jetzt erfreue ich mich daran, so ehrlich wie möglich zu sein.“
KURIER: Geht es Ihnen beim neuen Album darum, sich im Herbst Ihres Lebens noch mal als Songwriter in Erinnerung zu bringen, der qualitativ gute Lieder schreibt?
Ja, absolut. Ich will ein Vermächtnis hinterlassen. Ich glaube, dass es vielen Künstlern in meinem Alter so geht, dass sie noch mal etwas sagen möchten. Man muss sich nur David Bowie ansehen, der gerade ein grandioses Comeback mit seinem Album feiert. Aber ein Vermächtnis ist es für mich auch auf andere Weise: Ein Lied wie „Pure Love“, das für meine Kinder ist, habe ich auch mit der Intention geschrieben, dass es da ist, wenn ich nicht mehr hier sein werde. Wenn meine Kids den Song spielen, denken sie an ihren Dad – ein schöner Gedanke.
Es ist kaum zu fassen, wie viel Musik Sie gemacht haben. Gleichzeitig hatten Sie auch immer ein ausgefülltes Privatleben. Wie haben Sie die Balance so gut hinbekommen?
Ha! Ich habe wirklich aus dem Vollem geschöpft, was mein Leben angeht! Ich glaube, es hat auch damit zu tun, dass ich nie den Drogen verfallen bin. Klar hat man mal was genommen, aber ich bin nie richtig abgestürzt. Ich weiß, dass jeder Tag zählt und dass das kein Klischee ist. Denn man weiß ja nie, was einen um die Ecke erwartet.
Wo Sie gerade die Drogen erwähnen: In Ihrer Autobiografie schildern Sie, wie Sie mit Ronnie Wood Kokain durch den Hintern konsumiert haben.
Herrje, ja, es stimmt. Ich hatte Angst, wenn ich es durch die Nase schnupfen würde, dass es mir meine Stimme versaut. Das ist aber nichts, worauf ich stolz bin. Aber ich war nie abhängig von dem Zeug.
Auf der Platte blicken Sie fröhlich in die Zukunft, aber auch nostalgisch zurück. Waren das die zwei dominierenden Gefühle bei Ihnen in den letzten Jahren?
Ja, genau so war’s. Was mich selbst am meisten überrascht hat ist, dass ich so persönlich werden kann auf einer Platte. Ich hätte das nie für möglich gehalten.
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