Star der Woche: ST. VINCENT
Sie sieht verdammt gut aus. Und ja, sie weiß das auch. Annie Clark, die sich den Künstlernamen ST. VINCENT zugelegt hat, ist das, was man eine Style-Ikone nennt. Mit Kristen Stewart und Cara Delevingne war sie liiert, die Fotografen von Vogue und Vanity Fair liegen ihr zu Füßen. Im Gegensatz zu anderen „Stars“ dieses Genres hechelt sie dem Blitzlicht allerdings nicht hauptberuflich hinterher – ihre Energie steckt die studierte Gitarristin (Berklee) lieber in die Musik. Und das ist gut so. Für ihr letztes Album (2014) bekam sie einen Grammy, mit der aktuellen CD „Masseduction“ sollte sie auch sämtliche Charts toppen.
Ihr markanter Avantgarde-Pop-Stil ist weniger edgy als bisher, ohne deshalb nach Ausverkauf zu muffeln. Dafür hat Annie Clark einfach zu viel Klasse. David Byrne ist ihr Seelenverwandter, das hört man noch immer, die Jazzer Tuck & Patti sind Onkel und Tante und spielen bzw. singen beim groovigen Vorab-Hit „Los Ageless“ ebenso mit wie beim Bondage-Pop von „Savior“. „New York“ ist eine der schönsten Balladen des Jahres, man könnte vermuten, dass es um die Trennung von Ms. Delevingne geht, aber: „Ich finde es ärgerlich, dass man vor allem Frauen immer unterstellt, alles, was sie erzählen sei autobiografisch. Als hätten wir keine Fantasie ...“ Und immerhin singt „Ex“ Cara gemeinsam mit ihr den Refrain zur zweiten Single „Pills“.
POP/ROCK
MASSEDUCTION
ST. VINCENT
(Concord Records)
MEHR CDs
CARRY FIRE
ROBERT PLANT
Auch Rockgötter können in Würde altern – ohne zu alten Langweilern zu werden. Mit seiner sensationellen Band, in der Trip-Hop-Veteranen ebenso Platz haben wie Blues-Gitarristen und Experten für afrikanische Musik, legt Robert Plant mit knapp 70 Jahren eine überragende CD vor. Auf der er ansteckend experimentierfreudig Blues („May Queen“) und Orientals („Carry Fire“) mit knarzigen Synthies, Rock („Keep It Hid“) und Folk („Bluebirds“, gemeinsam mit der fantastischen Chrissie Hynde) verbindet. (Warner)
BECAUSE
AIVERY
Warum? Just because – einfach „weil“ halt. So trotzig wie der Titel kommen auch die Songs des All-Girl-Trios daher: Die Gitarre kracht, dass es eine Freude ist, das Zeugl hämmert, der Bass pumpt. Dass die drei Frühzwanzigerinnen mit Songs wie dem druckvollen „Secret“ oder mit „Disregard“ tief im Grunge verwurzelt sind, stört in keiner Weise. Dass sie auch bei rhythmischen Gusto-Riffs wie in „Long Shot“ tight bleiben, ist mehr als nur ein kleiner Bonus. Ja, so muss Gitarrenmucke – 1990 genau wie heute. (Siluh Records)
COMMUNICATING
HUNDRED WATERS
Mit „Show Me Love“, bearbeitet von ihrem Kumpel Skrillex, hatte die Band aus Florida 2016 einen Mega-Hit – was sie aber zum Glück nicht auf dumme Gedanken gebracht hat. Sängerin Nicole Miglis und ihre Mitstreiter kommen vom Folk und haben sich als Electronic-Songwriter etabliert. Downtempo, Trip-Hop und wohldosierte Prisen Jazz bleiben ihre Ausdrucksformen. Schön! Songs wie „Prison Guard“ erinnern in charmanter Weise an Kate Bush, Tracks wie „Fingers“ und „At Home“ sind schimmernde Art-Pop-Perlen. (!K7)
MATUBÉ
H.O.N.Z.A.K.
Als Drummer spielt Michael Honzak Club-Jazz und Garagen-Rock ebenso lässig, wie er mit Größen wie Friedrich Gulda, Joe Zawinul oder den Berliner Philharmonikern aufgeigte. Sein eigenes Trio überzeugt schon im Titeltrack mit einem gnadenlos guten Groove. Und einem extracoolen Gitarrenriff (Georg Thallmayer). „Nothing Is Important“ hat das Zeug zum Jazz-Highlight des Jahres, dazu kommen noch Funk, Blues und sogar Alpen-Rap – die CD überzeugt durch Esprit und Witz ebenso wie durch atemberaubende Breaks und Virtuosität. (SteamDepartment)
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