Staatsoper will Coronakalamitäten mit neuer Saison hinter sich lassen
Die aktuelle Coronaspielzeit, die auch an der Wiener Staatsoper von Absagen und Zwangspause geprägt war, bilanzierte Direktor Bogdan Roščić vor Journalisten lakonisch: "Sie läuft demnächst ab - und das ist wohl auch das Beste, was man über sie sagen kann." Umso mehr freut man sich am Ring auf die neue Saison, deren Programm Roscic am Donnerstag in einer von ORF III übertragenen Matinee enthüllte. Klar ist: Die Zeit der Zukäufe von Produktionen ist erst einmal vorbei.
So hat man insgesamt fünf Premieren als Eigenproduktionen sowie eine weitere im Rahmen eines Gastspiels der Oper von Monte-Carlo im Talon. Hinzu treten eine Kinderopernuraufführung sowie drei Ballettpremieren. Man stoße nun in den "innersten Kern" des Repertoires vor, griff Roščić zur geologischen Metapher: "Wir haben Werke ausgesucht, die ich für wirkliche Meilensteine der Operngeschichte halte." Der Rote Faden sei, dass es sich samt und sonders um Werke handle, nach deren Uraufführung die Welt nicht mehr so ausgesehen habe wie am Tag zuvor.
Darunter fällt für den Staatsopernchef Rossinis Meisterwerk "Il Barbiere di Siviglia", das er dem Körperhumorspezialisten Herbert Fritsch anvertraut hat (28. September). Und als Klammer beendet man die Saison dann auch mit der Ikone aus Pesaro, wenn man die vertragliche Verpflichtung, dass die Gewerke im Juli und August freihaben müssen, mit einem Gastspiel von Cecilia Bartolis Musiciens du Prince umgeht. Unter dem Übertitel "Rossini Mania" ist eine szenische "Turco in Italia" (3. Juli), eine semiszenische "Cenerentalo" (28. Juni) sowie eine Rossini-Gala (8. Juli) angesetzt - womit auch Publikumsliebling Bartoli ihr Hausdebüt feiert.
Dazwischen startet man den neuen Da-Ponte-Zyklus, für den Barrie Kosky verantwortlich zeichnet (5. Dezember). Allerdings lege der Intendant der Komischen Oper Berlin die drei Opern nicht als inhaltlichen Gesamtzusammenhang aus, unterstrich Roščić. Fortgesetzt wird die in der laufenden Saison begonnene Monteverdi-Trilogie, wenn nach der "Poppea" nun der "L'Orfeo" in der Deutung von Tom Morris sowie mit Pablo Heras-Casado und dem Concentus Musicus erstmals am Haus gespielt wird (11. Juni 2022). Der Beweis, dass Monteverdi am Haus funktioniere, sei mittlerweile schließlich erbracht, betonte Roščić: "Ich reklamiere für uns, dass wir diesen Nachweis geführt haben."
Auch eine Arbeit vom anderen Ende der chronologischen Skala kommt zu Ehren, wenn am 21. März Alban Bergs "Wozzeck" in der Deutung von Simon Stone Christian Gerhaher in der Titelpartie ans Haus bringt. "Es gibt für mich kein wichtigeres Werk des 20. Jahrhunderts", begründete Roščić seine Wahl. Und schließlich kommen auch die Wagner-Freunde am 14. April auf ihre Kosten, wenn Starregisseur Calixto Bieto, dessen "Carmen" jüngst am Haus Premiere feierte, nun "Tristan & Isolde" mit Andreas Schager und Martina Serafin in den Titelrollen inszeniert. Bei den Kindern indes stellt die Uraufführung von "Die Entführung ins Zauberreich" mit Musik von Mozart und Gerald Resch am 3. Oktober den Höhepunkt dar, der eigentlich schon in der laufenden Coronasaison eingeplant war.
"Unsere große Hoffnung ist, dass die nächste Spielzeit eine andere werden möge - und so haben wir auch geplant", zeigte sich Roščić bezüglich der kommenden Saison optimistisch. Zu dieser gehören denn auch Wiederaufnahmen wie etwa Brittens "Peter Grimes" mit Jonas Kaufmann, Lise Davidsen und Bryn Terfel, "Die tote Stadt" mit Klaus Florian Vogt oder Donizettis "Anna Bolena", in der Diana Damrau ihr Rollendebüt geben wird.
Der Vorverkauf für den Reigen startet am 8. Juni. Und doch hat die Coronalage im Haus zweifelsohne Spuren hinterlassen, wie die kaufmännische Geschäftsführerin Petra Bohuslav deutlich machte. Allerdings habe man durch Kurzarbeit und ein effizientes Kostenmanagement das prognostizierte Minus eindämmen können. "Unser Betriebsergebnis wird aller Voraussicht nach zwar negativ bleiben", so Bohuslav. Da dieses aber nicht so negativ wie erwartet ausfalle, müsse man weniger Rücklagen aufbrauchen.
Zugleich bleiben Unbilden, müsse man nach jetzigem Stand schließlich weiterhin das System der Sperrplätze beibehalten, was erfahrungsgemäß eine Maximalbesetzung von rund 1.100 Zuschauern ermöglicht. Und natürlich drücke weiterhin die fehlende Valorisierung des Budgets, stieß Roščić in ein wohlbekanntes Horn: "Man kann die Inflation nun einmal nicht am Opernring 2 punktuell aussetzen."
Dennoch werde man insgesamt keine Preiserhöhungen durch- und die Stehplätze wiedereinführen. Allerdings werden die Preise für manche Sitze neu adjustiert. "Wir machen eine faire Preispolitik und haben manche Sitzplätze innerhalb der Preisgruppen verschoben", so Bohuslav. Manche werden also billiger, manche teurer. So gibt es nun auch eine neue Preisgruppe 9 für sichteingeschränkte Plätze mit einer Preisspanne zwischen 12 und 34 Euro.
Die Abos, die in der aktuellen Saison ausgesetzt wurden, werden mittels eines Sonderabos mit möglichen Abweichungen bei Stammplätzen und Tagen sowie einer Vorstellung weniger wieder aufgelegt, zugleich die Altersgrenze für die 15-Euro-Kinderkarten auf 16 Jahre erhöht. Dabei zeigte man sich zufrieden mit der Entwicklung des neu gegründeten Freundeskreises mit derzeit 712 Mitgliedern, der gut 1 Mio. Euro zur partizipativen Arbeit des Hauses beiträgt.
Und eine gute Nachricht für die Freunde von Glanz, Glamour und Bussi Bussi hat man dann auch noch parat: Man plane nach der heurigen Absage mit einem Opernball im Jahr 2022. "Wir gehen im Budget davon aus, dass er stattfindet. Und es wäre wirklich furchtbar, wenn er nochmals ausfällt", so Roščić.
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