"Sonst laufe ich in jemanden hinein"

Probe im Studio: die Tänzer Ketevan Papava und Eno Peci, Schauspieler Laurence Rupp (rechts hinten) und Choreograf Daniel Proietto
An der Staatsoper wird heute Daniel Proiettos "Blanc" uraufgeführt. Ein Probenbesuch.

Bei Ballettproben kann es auch lustig zugehen. Wenn Laurence Rupp immer wieder ausrutscht und sich die Primaballerina zerkugelt vor Lachen. Die meiste Zeit aber wird bemerkenswert konzentriert gearbeitet. Obwohl viele Menschen beteiligt sind: Tänzer, Musiker und in diesem Fall auch ein Schauspieler. Der Chef ist Daniel Proietto, Choreograf aus Argentinien. Er musste bei dieser ersten Bühnenprobe, die der KURIER beobachten durfte, alle Fäden zusammenführen.

"Es ist schön, diesen Schritt zurückzugehen und erstmals alles aus der Distanz zu sehen", erzählt er später. "Aber es kann auch nervenaufreibend sein. Diesmal bin ich ziemlich zufrieden."

Hommage

Geprobt wird "Blanc", Proiettos Hommage an das klassische Ballett, eine Uraufführung. "Ich möchte die Energie der alten Zeiten wiederbeleben." Nostalgie ist ein wichtiges Stichwort für den jungen Argentinier, Romantik – und natürlich Schönheit. "Schönheit ist ein absolutes Muss. Schönheit und Ballett ist eine Verbindung, die nie aufgelöst werden sollte. Alles, was wir machen, handelt von Schönheit." Das versucht er bei der Probe auch den jungen Tänzerinnen vom Corps de ballet, die in bunt gemusterter Trainingskleidung auf der Bühne stehen, zu vermitteln. "Ihr müsst zu jedem Zeitpunkt schön aussehen", erklärt er ihnen. "Wie Skulpturen, die sich bewegen. Und wenn nicht, seht ihr schrecklich aus auf einem Foto, dass ich vielleicht auf Facebook poste." Gelächter.

Der Schönheit des klassischen Balletts will Proietto mit modernen Mitteln neues Leben einhauchen. Er arbeitet mit Videoprojektionen, komplexer Beleuchtung, einem aufwendigem Bühnenbild und holt auch einen Schauspieler auf die Bühne. Laurence Rupp, aus Film und Fernsehen bekannter Burgschauspieler, spricht in der Rolle des Poeten einen Text des Norwegers Alan Lucien Øyen. Die Handlung erklärt Rupp selbst so: "Ein Schriftsteller mit Schreibblockade und Angst vor dem leeren Papier versucht, aus dem künstlerischen Dilemma herauszukommen, und wartet auf die Muse. Durch sie bekommt er kurz Kraft und Inspiration, doch dann verschwindet sie gleich wieder."

Die Muse tanzt Ketevan Papava, Erste Solotänzerin an der Wiener Staatsoper, Solotänzer Eno Peci stellt das Alter Ego des Poeten dar.

Warum Text im Ballett? Proietto: "Es ist ein Experiment. Ich möchte sehen, wie das Publikum das Ballett wahrnimmt, wenn es sich zugleich auch auf Wörter und Gedanken beziehen kann." Rupp war seine erste Wahl für die Rolle, nicht zuletzt wegen seiner Kinoerfahrung. "Er ist das Kino gewöhnt, und ich denke sehr cinematografisch. Er hat eine natürliche Ausstrahlung, wirkt nicht zu theatralisch. Und ich mochte seine Stimme sofort, das ist sehr wichtig, wenn man mit Musik arbeitet."

Socken

Geprobt wird an diesem Vormittag u.a. eine Szene, in der sich Rupp und Papava – der Poet und seine Muse – im hinteren Bereich der Bühne auf einem kleinen Hügel die Hände reichen. Das Problem mit den rutschigen Socken wird relativ leicht zu beheben sein; schwieriger sei für ihn der Umgang mit Tanz und Musik, sagt Rupp: "Es ist hochspannend und natürlich nicht einfach. Ich kann mich nicht frei bewegen, meine Möglichkeiten sind eingeschränkt. Ich bin total angewiesen auf den Choreografen. Körperlich kann ich nichts anbieten, sonst stehe ich im schlimmsten Fall nur im Weg herum oder laufe in jemanden hinein." Dazu kommt, dass er zur Musik spricht (siehe Interview mit dem Komponisten links). Rupp: "Ich versuche natürlich, mit der Musik eins zu werden. Das wäre dann die Kür."

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