Sommerparty mit Malerfürsten

Anselm Kiefer, The Fertile Crescent (Der fruchtbare Halbmond), 2009
Das Essl Museum zeigt „Deutsche Kunst seit 1960“ und blickt auf seine eigene Geschichte

Den Auftakt machen ein Stahlhelm und drei Rehbock-Geweihe. Die Motive wirken wie Karikaturen des Deutschtums, doch als Markus Lüpertz sie Anfang der 1970er- Jahre malte, erregte er damit ordentlich Aufmerksamkeit: Darf man das, fragte die Kunstwelt, die nach dem Trauma des Nationalsozialismus fast geschlossen in die Abstraktion geflüchtet war.

Doch Lüpertz und andere Maler zelebrierten die Uneindeutigkeit, beriefen sich auf die „reine Malerei“, die doch das Motiv nebensächlich mache, und stellten so die Szene auf den Kopf.

Georg Baselitz’ um 180 Grad gedrehte Motive hängen neben Lüpertz’ Bildern in der Schau „Deutsche Kunst seit 1960“ im Essl Museum, die Kunstgeschichte aus einer sehr speziellen Perspektive erzählt: Die 78 Werke – primär Gemälde – von 21 Künstlern, die zwei Ebenen des Museums füllen, stammen alle aus der hauseigenen Sammlung. Sie zeigen damit auch die Bestrebungen von Karlheinz und Agnes Essl, die erst nach dem Mauerfall nicht-österreichische Kunst zu kaufen begannen.
Baselitz und andere Maler wie Jörg Immendorff und Anselm Kiefer waren damals schon Galionsfiguren, die Motive wie Adler und Monumente nutzten, um der Vergangenheit und der Teilung Deutschlands im Bild beizukommen.

Party like it’s 1999

Als das Ehepaar Essl mit deutscher Kunst durchstartete, war die Schwermut aber vielerorts schon passé, und so wirkt vieles in der Schau wie das Überbleibsel einer großen Party: Jonathan Meeses (teils 2007 direkt im Museum entstandene) Großformate triefen vor Ironie gegenüber dem Deutschtum, Werke von Gerhard Richter oder Imi Knoebel zeigen eine Hinwendung zu formalen Experimenten. Albert Oehlen und Daniel Richter stehen für eine komplexe Malerei, in der Politik allenfalls als Zitat eine Rolle spielt.

Im Hype um die „Neue Leipziger Schule “ in den Nullerjahren konnten die Essls dann vorn dabei sein – Werke von Neo Rauch oder Tim Eitel zeugen davon. Dass die mit erhellenden Gegenüberstellungen arrangierte Ausstellung nicht repräsentativ für „Deutsche Kunst seit 1960“ ist, zeigt aber schon der Umstand, dass sich keine Künstlerinnen darin finden. Die Lücke ist jedoch aussagekräftig, denn es waren Männer, die als Künstler, Galeristen und Sammler einen Kanon der Kunst lange unter sich ausmachten. Was am Ende der Schau bleibt, ist das Gefühl, dass diese Party mittlerweile vorbei ist.

Sommerparty mit Malerfürsten

Sommerparty mit Malerfürsten

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Sommerparty mit Malerfürsten

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Sommerparty mit Malerfürsten

Sommerparty mit Malerfürsten

Info

Bis 15.11. im Essl Museum, An der Donau-Au 1, Klosterneuburg. Am Samstag, den 27., und Sonntag, den 28. Juni lädt das Museum zum Sommerfest mit Führungen, Lesungen, Workshops. 10–18 Uhr, Eintritt frei.

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