Sommergespräche: Zurück zu klassischen Interviews

Sommergespräche: Zurück zu klassischen Interviews
Start der ORF-"Sommergespräche" (21.05 Uhr, ORF 2): Erster Gast bei Ingrid Thurnher ist Josef Bucher.

Freitag am Wiener Yppenplatz. Von 12 bis 15 Uhr zeichnet ein ORF -Team Zuschauerfragen für die "Sommergespräche" auf. Fünf vor zwölf hat sich schon ein Grüppchen Pensionisten eingefunden. Sie sind offensichtlich gut vorbereitet und wissen genau, welche Probleme sie ansprechen wollen. Pensionen, Lärmbelästigung. Trotzdem zittert dem ersten Sprecher die Hand, als er spricht. Nicht vor Wut, sondern vor Nervosität. Er solle versuchen, freier zu sprechen, rät ihm die Redakteurin. Und noch einmal.

Die "Meine Frage"-Tour ist der aktuelle Versuch, die traditionellen ORF- Sommergespräche spannender zu gestalten. Seit Wochen tourt ein Kamera-Team durch Österreich und zeichnet Fragen an die Politiker auf, die dann in den Sendungen eingespielt werden sollen. Andere Spezialeffekte wird es bei den diesjährigen "Sommergesprächen" nicht geben. Statt dessen sollen sie wieder journalistischer werden: "Eine Rückkehr zum klassischen politischen Interview ", wünscht sich TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher. "Zwei Menschen mit politischem Sachverstand unterhalten sich über politische Ziele und die Notwendigkeiten der Zukunft."

Die beiden Menschen: ORF-Allzweckwaffe Ingrid Thurnher und jeweils ein Parteichef. Den Anfang macht Josef Bucher vom BZÖ, es folgen Eva Glawischnig (G) am 19. August, Heinz-Christian Strache (FPÖ) am 23. August, Michael Spindelegger (ÖVP) am 26. August und Werner Faymann (SPÖ) am 30. August.

Die Gespräche finden heuer im Dachfoyer der Wiener Hofburg statt. Damit sind sie störenden Einflüssen weniger ausgeliefert als in früheren Jahren. 2010 gab man sich wirtschaftsnah und sendete live aus Betrieben - etwa aus dem Forschungszentrum der Magna-Werke in St. Valentin.

Wind und Wetter

Sommergespräche: Zurück zu klassischen Interviews

2009 führte Thurnher die "Sommergespräche" auf Open-Air-Bühnen mit Unterstützung je eines Künstlers. Die Sendung mit Maria Vassilakou aus Mörbisch wurde von Wind und Regen beeinträchtigt; in Josef Buchers Ausführungen auf der Salzburger "Jedermann"-Bühne bimmelten die Domglocken hinein.

Das bewog die Sprecherin von Bundeskanzler Faymann dazu, dem ORF vor dessen Auftritt auf der Bregenzer Seebühne einen Brief zu schreiben: Faymann dürfe von nichts, nicht einmal vom Geräusch quakender Enten gestört werden.

Das Format: Von "Politik am Freitag" zu "Sommergesprächen"

Im Trailer zu den "Sommergesprächen" präsentiert sie sich kühl, distanziert. Trotzdem ist Ingrid Thurnher die wahrscheinlich beliebteste Polit-Moderatorin des Landes. Zwölf Jahre lang - von 1995 bis 2007 - präsentierte sie die "ZiB 2"; seitdem moderiert sie die sonntägliche Diskussionssendung "Im Zentrum" und sporadische "Runde Tische" zu aktuellen Themen.
30 Jahre Die "Sommergespräche" präsentierte Thurnher erstmals 2009.

Sie ist damit Teil einer illustren Runde von Journalisten, denen dieses Format in den letzten 30 Jahren anvertraut wurde. Den Anfang machten 1981 Peter Rabl und Franz Kreuzer, die Norbert Steger, Alois Mock und Bruno Kreisky in "Politik am Freitag" zum Interview baten. 1994 hieß die Reihe - die auch unter den Namen "Zur Sache Spezial" oder "Anders gefragt" lief - erstmals "Sommergespräche". Moderiert wurde sie u.a. von Rudolf Nagiller, Margit Czöppan, Elmar Oberhauser, Armin Wolf, Gabi Waldner, Robert Hochner, Werner Mück, Johannes Fischer und KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter.

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