So ein Kerl braucht keinen Vornamen

Die erste eiskalte Verfilmung: „Point Blank“ (1967) mit Lee Marvin
"The Hunter": Noch eine Möglichkeit, mit dem Unmoralischen zu sympathisieren.

Das ist der wohl letzte Versuch, dass der Funke vom Berufskriminellen Parker aufs heutige Publikum überspringt.

Der Zsolnay Verlag hat es schon vor Jahren mit Neuauflagen versucht, es funktionierte nicht.

Was unverständlich ist, weil: Dieser Held raubt Banken aus, ein Spielcasino und die Air Force, dieser Held tötet, wenn es zum Job gehört – schlimmer noch: Sein Mund ist nur ein Strich, und man weiß ja, dass das nichts Gutes bedeutet.

Und trotzdem darf man ein bisschen mit Parker sympathisieren.

"The Hunter" ist der erste von 24 Romanen, die der New Yorker Donald E. Westlake unter dem Pseudonym Richard Stark ab 1962 geschrieben hat.

Auch Westlake dachte anfangs, der Kerl müsste im Gefängnis bleiben. Aber Parker gefiel ihm: Wundern sollen sich die Leut’ über die Skrupellosigkeit. Fragen sollen sie sich, ob das schon Wahnsinn ist, der ihn antreibt.

Dreckskerl

Zsolnay bietet Nikolaus Stingl als Übersetzer auf. Stingl ist auch sozusagen "unser Mann" hinter Thomas Pynchon, hinter William Gaddis – und Cormac McCarthy, der alles Überflüssige aus seiner Sprache wirft, und das ist in Westlakes Serie nicht viel anders. Jedes Wort muss Gewicht haben.

Beispiel: Wenn Parker nach Monaten in einem Häftlingscamp in löchrigen Schuhen über die Washington Bridge zurück nach New York marschiert, um sich an denen zu rächen, die ihn bei einem Waffendeal verraten haben, dann klingt das so:

So ein Kerl braucht keinen Vornamen
buch

"Die Frauen in den vorbeifahrenden Autos sahen ihn an und erschauerten. Sie wussten, er war ein Dreckskerl, sie wussten, seine großen Hände waren zum Zuschlagen geschaffen, sie wussten, sein Gesicht würde sich nie zu einem Lächeln verziehen, wenn er eine Frau ansah. Sie wussten, was er war, sie dankten Gott für ihren Ehemann, und trotzdem erschauerten sie."

Dieser Parker braucht keinen Vornamen. Es reicht, wenn man weiß: Er ist leer.

Bei seinem Debüt wird er gewissermaßen entleert.

Noch zeigt er Emotionen. Denn immerhin war seine Ehefrau unter denjenigen, die ihn ins Gefängnis gebracht hatten.

Von Buch zu Buch wird der Einzelgänger wortkarger. Nur in "The Hunter" erlaubt er es sich noch, die Leute, die er nicht mag, anzureden. Dann spuckt er aus und sagt, sie sollen sich ... "verpissen". Nein, etwas Österreichisches ist an Parker nicht festzustellen. Würde nicht passen.

KURIER-Wertung:

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