Sind Sie Rempler oder ein Entschuldiger?
Milan Kunderas erster Roman seit 14 Jahren heißt "Das Fest der Bedeutungslosigkeit", und man kann bei ihm nicht sicher sein, ob er sie schätzt, weil sie herrlich nutzlos ist ... wie Kinder, die lachen – ohne zu wissen, worüber sie lachen.
Jedenfalls hat der Tscheche, der seit 1975 in Paris lebt, Bedeutungsvolles geschrieben und so getan, als wäre alles bedeutungslos.
Das ist sympathisch, und an der folgenden Philosophie wird gewiss etwas dran sein: Ein Mann, der eine Frau verführen will, darf nicht brillant sein. Sonst gibt es einen Wettstreit anstatt Offenheit, Hingabe.
Lieber Banales sagen als Geist versprühen.
Milan Kundera, 86 wird er am 1. April, lässt im "Fest der Bedeutungslosigkeit" vier Männer miteinander reden, beim Spazierengehen im Pariser Park, auf einer Cocktailparty.
Z. B. lauscht man Ausführungen über die erotische Ausstrahlung eines Frauennabels, Nabel im Vergleich zu Busen und Hintern.
Absolut verzichtbar;und einen Gedanken wert. (Engel haben keinen Nabel.)
Zusammenstoß
... und die Menschheit wird beim Plaudern eingeteilt in Rempler und Entschuldiger.
Bringt uns zwar nicht weiter, hat aber Weisheit:
Wenn zwei auf dem Gehsteig zusammenstoßen, dann wird einer sofort die Schuld beim anderen suchen. Der Rempler.
Wer sich hingegen entschuldigt, will die Situation beruhigen, aber er bekennt sich dadurch schuldig.
Nie darf man sich entschuldigen – "Und doch, mir wäre eine Welt lieber, in der die Menschen sich alle, ohne Ausnahme, unnötig, übertrieben, wegen nichts entschuldigen, in der sie sich gegenseitig mit Entschuldigungen überschütten ..."
Federleicht
Es gibt keine Handlung in diesem Roman, und allein schon dieses Fehlen sorgt für eine heitere Luftigkeit, die am Buchumschlag durch eine schwebende Feder unterstrichen wird.
Weiters gibt es keine Trennung zwischen Gegenwart und Vergangenheit. So kann Stalin zwischendurch Witze machen, über die niemand lacht, und Genosse Kalinin traut sich nicht aufs Klo zu gehen, obwohl er Probleme mit der Blase hat. Was Stalin weiß und deshalb äußerst langsam erzählt ...
So vertrottelt ist die Welt. "Das Fest der Bedeutungslosigkeit" ist Nachdenken über die unerträgliche Absurdität des Seins. Kundera – Star seit "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" in Zeiten von Verrat – scheint von den Zwängen befreit.
KURIER-Wertung:
INFO: Milan Kundera. "Das Fest der Bedeutungslosigkeit" Übersetzt von Uli Aumüller. Hanser Verlag. 144 Seiten. 17,40 Euro.
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