„Simone Boccanegra“ an der Staatsoper: Ein veritables Seelendrama

Von Susanne Zobl
So zeigt ein Repertoirehaus seine Stärken: Der Titeldarsteller fällt aus, der kurzfristig engagierte Ersatz ist einer der versiertesten Interpreten dieser Rolle: die Rede ist von George Petean, der von Luca Salsi den Dogen in der aktuellen Aufführungsserie von Giuseppe Verdis „Simon Boccanegra“ an der Staatsoper übernommen hat.
Petean hatte den Korsaren, der sich zum Dogen ausrufen ließ, weil er hoffte, dass er durch den sozialen Aufstieg seine Geliebte und die Mutter seiner Tochter heiraten könne, bereits 2012 in Rom unter dem Dirigat von Riccardo Muti gesungen. Davon profitiert dieser Sänger offensichtlich noch heute. Mit absoluter Wortdeutlichkeit betont er jede Silbe mit Sinn. Mit seinem famos timbrierten Bariton lässt er das Drama seiner Figur mit einer Art noblem Understatement spüren und erzeugt damit eine enorme Wirkung.
Stark, der Moment, in dem er seine verlorene Tochter Amelia wiederfindet. Er berührt als einsamer Politiker und als Vater, der erkennen muss, dass seine Tochter einen seiner Feinde liebt.

Federica Lombardi zeigt Amelia als selbstbewusste, junge Frau. Betörend schön intoniert sie ihren Monolog am Meer mit ihrem bestechend hell-leuchtenden, ausdrucksstarken Sopran.
Fulminant intoniert und agiert Tenor Freddie de Tommaso als Amelias Geliebter Gabriele Adorno wie ein ständig loderndes Energiepaket, das seine Kraft richtig dosiert einsetzt, harmonisch im Duett mit Lombardi. Kwangchul Youn verkörpert den in die Jahre gekommenen Fiesco mit seiner dunklen Bass-Stimme exzellent. Clemens Unterreiner zeigt mit Verve den Unhold Paolo. Evgeny Solodovnikov lässt als Pietro aufhorchen.
Peter Steins Inszenierung aus dem Jahr 2002 funktioniert ungebrochen, weil sie strikt auf die Partitur konzentriert ist. Marco Armiliato führt den Wiener Staatsopernchor und das Orchester, beide bestens disponiert, präzise, lässt zu Beginn die Wogen des Meeres zur Musik werden, setzt auf Dramatik und feinste kammermusikalische Passagen. Viele Bravos!
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