Mit dem Vorspiel und „Isoldes Liebestod“ aus Wagners „Tristan und Isolde“ gibt er den Auftakt. Dabei setzte er nicht auf große Emotionen, sondern eine Art schlichte Sachlichkeit.
Warum so und warum überhaupt dieses Werk am Anfang stand, beantwortete Rattle mit der österreichischen Erstaufführung von Thomas Adès’ „Aquifer“. Der titelgebende Begriff für das Auftragswerk bezeichnet eine Gesteinsschicht, die Wasser speichern und weiterleiten kann, und ist auch Programm. Rattle formt diese Musik zu einer famosen Klangskulptur, die sich wie in ständigen Metamorphosen wandelt. Tutti-Stürme, Streicher in feinstem Flagolett-Pianissimo, Zitate aus Wagners „Tristan“ leuchten hervor, entwickeln eine veritable Sogwirkung. Zurecht Jubel für den anwesenden Komponisten. Zu Beginn von Beethovens „Sechster“ in F-Dur, „Die Pastorale“ genannt, treibt Rattle zur Eile und verlegt sich dann aufs Analysieren, was auf Kosten von Transparenz geht.
Überwältigender Mahler
In jeder Hinsicht andere Töne schlägt Rattle mit seinen „Bayern“ am Folgetag an. Bei Gustav Mahlers „Sechster“ in a-Moll ist er ganz in seinem Element. Forsch hebt er „die Tragische“ an. Jeder Akkord zeigt, es gibt kein Entkommen vor diesen martialischen Marschrhythmen. Sphärische Klänge, Kuhglocken wirken wie ein Gruß aus einer anderen Welt, die sich dem Komponisten kompromisslos verschließt. Bei Rattles ganz auf Emotion und Ausdruck ausgerichteten Lesart wird klar, warum diese Symphonie für das persönlichste Werk Mahlers gehalten wird. Logisch lässt er den langsamen Satz an zweiter Stelle folgen und nicht erst an dritter, was oft in der Mahler-Interpretation für Diskussionen sorgte. Dämonisch, wie ein Tanz übelwollender Geister mutet der „Ländler“ im Scherzo an.
Die Unerbittlichkeit steigert Rattle mit seinem hervorragend disponierten Orchester (exzellent die Hörner, wie überhaupt die Blechbläser) im Finale ins Gigantische. Der Hammer schlägt zweimal zu, eine Anspielung an den kolportieren Aberglauben des Komponisten. Ovationen für diese überwältigende Aufführung.
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