Sigrid Horn trotzt der Krise mit Konzert auf 37 Quadratmetern
Am 29. Februar stand Sigrid Horn mit ihrer Band auf der Bühne der Elbphilharmonie und war glücklich. Die Hamburger ließen sich voll auf ihre Mundart-Texte und den chansonartigen Sound geprägt von Klavier, Harfe, Ukulele und Konzertina ein. „Da ist uns so viel Liebe entgegengeschwappt. Und die Garderoben sind phänomenal – mit Flügel, Badewanne und Blick über die Elbe!“
Dann die Heimreise. Horn und ihre Mitstreiter verpassten einen Anschluss, weil der Zug wegen Corona angehalten worden war. Zuhause angekommen der totale Stillstand – genau in der Zeit der Veröffentlichung ihres zweiten Albums „i bleib do“, die mit Konzerten vollgepackt gewesen wäre. „Das war ein riesiger Schock, denn ich habe so lange auf diese Release-Konzerte hingearbeitet. Anfangs hat mich das auch psychologisch belastet. Aber im Vergleich zu den anderen Problemen, die die Gesellschaft und wir Musiker jetzt mit Corona haben, ist das ein winziges.“
Die Probleme, sagt Horn, seien für sie persönlich nicht existenzbedrohend. „Ich bekomme noch Gagen von Auftritten vom Beginn des Jahres ausbezahlt. Und ich wohne mit meinem Partner in einer 37-Quadratmeter-Wohnung, die wir ganz bewusst gewählt haben, um für solche Krisen die Fixkosten gering zu halten.“
Arbeitslos
Deshalb hat Horn bei der AKM keinen Antrag auf Förderung aus dem mit einer Million Euro dotierten Krisen-Fonds gestellt. Sie hätte zwar gerade in dieser Zeit viele Konzerte gehabt, die jetzt ausfallen und sie für zwei Monate faktisch arbeitslos machen. Aber andere brauchen es notwendiger.
Um trotzdem nicht ganz untätig rumzusitzen, wird die 29-Jährige heute um 19.30 Uhr auf ihrer Facebook-Seite ein Wohnzimmerkonzert streamen, um so doch noch ein paar der wunderschönen Songs von „i bleib do“ live vorstellen zu können. Horn, die 2019 den Protestsong-Contest gewann, geht dabei einfühlsam auf Themen wie Klimawandel, Umgang mit Ressourcen und ignorante Lobbyisten ein.
Und in „MEA“ („Meer“) auf die weibliche Sexualität – ganz unabhängig von der #MeToo-Bewegung: „Der Song ist inspiriert von der Lyrikerin Delmira Agustini aus Uruguay. Sie hat ganz explizite Gedichte geschrieben, die das typische Bild der Frau in der Lyrik umgekehrt haben. Bei ihr war auf einmal der Mann das Objekt und sie hatte die Begierde. Um das zu vertiefen, beschreibe ich in ,MEA’ die körperlichen Zustände, die Sex auslösen kann – ohne all das Skandalöse, das sonst oft dabei ist. Ich will nur sagen: ,Das ist Liebe, das ist Sex und das ist schön’.“
INFO
Sigrid Horn hat das für heute Abend geplante Release-Konzert von "i bleib do" in ihr Wohnzimmer verlegt und streamt es um 19.30 Uhr auf https://www.facebook.com/SigridHorn.offiziell/
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