Signora A. kann hier keine Ordnung mehr machen
Für alle, die ihre Putzfrau lieb haben und deshalb die Wohnung sauber machen, bevor sie kommt.
Und für diejenigen, die sich gern mit ihr über ihre Vorliebe für Nudeln mit Faschierten unterhalten (aber nicht zu scharf).
Alle anderen dürfen "Schwarz und Silber" selbstverständlich ebenfalls lesen.
Der Turiner Physiker Paolo Giordano hat seinen (dritten) Roman zum Glänzen gebracht, ohne ihn besonders herauszuputzen.
Es ist ein kleiner Roman – ein sehr kleiner sogar im Vergleich zu Giordanos "Der menschliche Körper" (2013) über den Krieg der italienischen Soldaten in Afghanistan und über den Krieg mit sich selbst.
Aber er wirkt.
Weil jemand fehlt.
Unruhig
Es ist "nur" die Geschichte von Signora A., die neun Jahre Kindermädchen war und Köchin, Haushälterin ... und eine Freundin, die ebenfalls am Esstisch saß und dabei war, wenn der kleine Sohn in der Schule Theater spielte.
In einer modernen Familie, in der Mann und Frau arbeiten gehen und abends k.o. sind, ist eine wie Signora A. unersetzliche Hilfe.
Sie ist Witwe. Sie war ihrem geliebten Mann zu Diensten, bis er starb. Jetzt passt sie auf Familie Giordano auf – ja, man darf annehmen, dass hier Autobiografisches erzählt wird.
Eines Tages kommt sie nicht mehr. Am Telefon sagt sie hustend, sie sei müde.
Die Nichtraucherin hat Lungenkrebs im vierten Stadium. Überall Metastasen.
Alles gerät in Unordnung. Die Familie fällt zusammen. Auch der Text wird unruhig, er zappelt.
Niemand ist da, der Vater und Mutter stützen ... und den kleinen Sohn schützen kann: Er ist schlecht in Mathematik, 7 mal 0 = NICHT 7! Sein Vater tobt, er ist Physiker, Rechengenie – wieso hat Emanuele nicht seine Gene?
Wieso ist Signora A, nicht mehr da, die alles ausgeglichen hat?
Der Psychotherapeut, bei dem sich Giordano ausweinen will, sagt gelangweilt: Zwischen dem einen Tod und anderen ist nicht viel Unterschied. Er sagt: Fast alle enden durch Ersticken.
Dann sagt er: "Lassen wir die Haushälterin beiseite. Reden wir von Ihrer Frau."
Wieso?
Weil auch die Liebe in Gefahr ist zu verschwinden.
Signora A. wurde immer Babette genannt, wegen der tollen Köchin in Tania Blixens Novelle.
Aber am Ende, an ihrem Grab, ruft der Sohn ihren richtigen Namen, der nicht vergessen werden darf.
Anna hat sich’s verdient.
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