Schellhorn: "Sie gehen hier nur aufs Häusl"
Sepp Schellhorn, 1967 in Schwarzach (Pongau) geboren, ist nicht nur Kultursprecher der Neos, sondern auch Unternehmer: Er betreibt das Hotel Seehof in Goldegg – und das an das Museum der Moderne angegliederte, im Sommer überlaufene Restaurant M32 auf dem Mönchsberg von Salzburg.
KURIER: Für Sie können die Festspiele wohl nicht lange genug dauern, oder?
Sepp Schellhorn: Die Festspiele haben eine enorme Kraft. Ich mache 30 % des Jahresumsatzes in diesen sechs Wochen. In anderen Städten sinken die Auslastungszahlen im Hochsommer – Salzburg hingegen ist ausgebucht.
Der Tourismusförderungsfonds beteiligt sich daher an der Finanzierung der Festspiele. Ein gutes Modell?
Ja, das ist sehr klug. Generell sollte sich der Tourismus in Österreich mehr auf Kunst und Kultur berufen – und nicht nur auf die Landschaft. Schöne Landschaften gibt es fast überall, herausragende Kulturveranstaltungen von Grafenegg bis zu den Bregenzer Festspielen aber nicht. Da braucht es ein anderes Bewusstsein! Man sollte sich die Frage stellen: Von was profitiert der Tourismus – und was trägt er dazu bei?
Und was wäre, in Bezug auf Salzburg, die Antwort?
Es gibt mittlerweile zu viele Tagestouristen. Sie werden von den Salzburgern als Störfaktor empfunden. Vor 15 Jahren waren die Festspiele auch Festspiele für die Bewohnerinnen und Bewohner. Nun fühlen sie sich zunehmend hinausgedrängt. Da ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten. Denn die Stadt wirbt mit den Festspielen, mit Mozart und dem Weltkulturerbe. Die Touristen aber interessieren sich nicht wirklich dafür.
Tatsächlich?
Die Bustouristen sind vorwiegend asiatische Gäste. Und die amerikanischen Gäste kommen mit dem Schiff und ankern in Passau. Beide Gruppen haben eine durchschnittliche Nettoaufenthaltsdauer von zwei bis dreieinhalb Stunden. Sie gehen hier aufs Häusl – und fahren wieder weiter. Da frag ich mich: Ist das notwendig? Da braucht es – auch wenn es für einen liberalen Menschen fast undenkbar ist – Lenkungsmaßnahmen. Es braucht Beschränkungen. Die Politik beruhigt zwar: Wir haben Slots eingeführt! Doch mehr tut sie nicht. Denn die öffentliche Hand ist – unter anderem mit der Festung und der Festungsbahn – der größte Profiteur der tagestouristischen Ströme. Ich finde: Man muss qualitative Maßstäbe setzen!
Touristen, die übernachten, sollen bevorzugt werden?
Genau! Wenn man länger bleibt, genießt man mehr. Und man genießt mehr Kultur: Museen, Sehenswürdigkeiten, Festspiele. Dieser Gast muss bevorzugt werden! Und die Bus-Maut muss von 50 auf 500 Euro erhöht werden. Im Gegenzug bekommt der Bus Gutscheine im Wert von zum Beispiel 200 Euro, die von den Touristen in der Altstadt ausgegeben werden können.
Warum kommt man eigentlich auf den Mönchsberg: Wegen der Aussicht – oder wegen des Museums?
Ich habe gehört, dass nur 20 Prozent, die mit dem Lift herauffahren, ins Museum gehen. Ich würde mir wünschen, dass das Museum wieder, wie einst unter Agnes Husslein als Direktorin, eine richtige Zugkraft hätte. Okay, damals wurde das Museum neu eröffnet. Und damals gab es auch noch die Sammlung Batliner. Aber seither ging die Besucherzahl laufend zurück. Ich setze große Hoffnungen in den neuen Direktor.
Auch deshalb, weil Sie recht viel Pacht zahlen.
Natürlich. Ich kalkulierte auf Basis einer Hochrechnung von Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, die von 250.000 Besuchern jährlich ausging. Davon sind wir weit entfernt. Als Unternehmer ist es meine Pflicht, für die Mitarbeiter Sorge zu tragen.
Die laufende Schau „Fly me to the Moon“ ist populär.
Schon. Aber etliche Gäste haben mir erzählt, dass sie untertags nach München fahren, um sich im Lenbachhaus die Ausstellung „Body Check. Martin Kippenberger – Maria Lassnig“ anzuschauen. Und es wäre wichtig, auch abseits der Festspielzeit interessante Angebote zu machen. Das sage ich jetzt sehr eigennützig. Es scheint aber schwierig zu sein, ein Museum derart zu etablieren, dass es auch unter dem Jahr besucht wird.
Zusätzlich soll es künftig ein Fotomuseum geben. Die Studie ist fertig. Aber Haslauer hält sie unter Verschluss.
Ich finde, er hat sie zu veröffentlichen – egal, ob ihm der Inhalt passt oder nicht.
Vielleicht wartet er wegen der Finanzierung auf den neuen Kulturminister?
Es gibt auch jetzt, übergangsmäßig, einen Kulturminister. Ich halte Alexander Schallenberg für zehnmal besser als seinen Vorgänger Gernot Blümel. Er hat in Salzburg den Staatspreis für europäische Literatur verliehen und hielt eine exzellente Rede. Das war im Vergleich zu 2018 wie Tag und Nacht.
Sie betreiben auch den Seehof, eine Stunde von Salzburg entfernt, und beherbergen dort Künstler. Warum?
Wir profitieren von der Kunst und der Kultur. Ich finde, dass wir etwas zurückgeben müssen. Und so haben wir ein Stipendium geschaffen: Junge Literaten können je zwei Monate bei uns leben, essen und trinken. Seit ein paar Monaten schreibt Thomas Glavinic für uns einen wöchentlichen Blog. Und von 17. bis 22. September findet zum achten Mal „Verstörungen“, ein Fest für Thomas Bernhard, statt. Großartige Schauspieler wie Bibiana Beglau, Jens Harzer, Max Simonischek und Roland Koch lesen Texte von Bernhard.
Das ist kurz vor der Nationalratswahl. Sind die „Verstörungen“ daher auch eine Wahlveranstaltung?
Es ist unüblich, dass ein Unternehmer auch Veranstaltungen realisiert und Kulturpolitik macht. Aber es ist bei Weitem keine Wahlveranstaltung, ich halte mich im Hintergrund. Und wir bekommen keine Förderung.
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