Sexuelle Übergriffe: Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger lösen breite Debatte aus

Sexuelle Übergriffe: Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger lösen breite Debatte aus
Band nimmt die Vorwürfe „außerordentlich ernst“: „Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt“

Der Frontmann der deutschen Kultband Rammstein, Till Lindemann (60), sieht sich laut Berichten der Süddeutschen Zeitung (SZ) und des Norddeutschen Rundfunks (NDR) mit Anschuldigungen mehrerer Frauen zu möglichen sexuellen Übergriffen konfrontiert.

Während die Band diese Vorwürfe zuerst zurückgewiesen hatte, postete sie am Samstag ein Statement in anderer Tonlage auf Instagram: „Die Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen und wir nehmen sie außerordentlich ernst“, hieß es darin. „Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt – vor und hinter der Bühne.“ Die Fans sollten jene, die die Vorwürfe erhoben hatten, nicht vorverurteilen – umgekehrt habe auch die Band ein Recht, nicht vorverurteilt zu werden, hieß es.

Systematisch?

Entzündet hatte sich die Debatte, nachdem eine Besucherin eines Konzerts in Vilnius am 22. Mai, die später auf eine Backstage-Party eingeladen worden war, Fotos von körperlichen Verletzungen gepostet und von einem Erinnerungsaussetzer berichtet hatte. Die Süddeutsche Zeitung setzte mit einem Bericht nach, der auf Basis mehrerer Aussagen, die teilweise eidesstattlich abgegeben wurden, ein regelrechtes „System“ darstellt: Demnach sollen junge Frauen auf Basis ihres Aussehens gezielt ausgewählt worden sein. Sie sollten dem Rammstein-Sänger – abseits „gewöhnlicher“ Aftershow-Partys, bei denen die ganze Band mit Fans feierte – für Sex zur Verfügung stehen. Von Alkohol und Drogen, die den jungen Frauen in Getränke gemischt worden seien, ist die Rede. Auch im Zuge eines Wien-Gigs könnte es laut SZ und einem Zeit im Bild-Bericht zu derartigen Vorkommnissen gekommen sein. Der Veranstalter der aktuellen Rammstein-Tournee, die die Band am 26. und 27. Juli auch nach Wien führen soll, äußerte sich gegenüber der ZIB nicht: Man habe „keinen Einblick in die Causa.“

Bei vielen der vorliegenden Berichte der Betroffenen ist die Frage, wo die Grenzen des Konsenses überschritten wurden, nicht immer klar zu ziehen. Ein Vorwurf der Vergewaltigung wurde gegen Lindemann nicht erhoben, wohl aber, dass er aggressiv reagiert habe, wenn Frauen ihm zu verstehen gaben, keinen Sex zu wollen.

„Selbst angelogen“

Jene Frau, die 2019 ein Rammstein-Konzert in Wien besuchte, gab gegenüber der SZ an, dass sie zunächst allen gesagt habe, dass „Till ganz nett war und alles gut war“. Sie habe sogar ein zweites Konzert samt Aftershow-Party besucht. Sie habe sich aber „selbst angelogen“, sagte sie.

Sowohl bei Rammstein wie auch in seinen Soloprojekten hatte Lindemann häufig mit teils extremen Sex-Fantasien provoziert und die Trennung von Kunstfigur und Person herausgefordert.

In einem Gedicht mit dem Titel „Wenn du schläfst“ ging es etwa offen um Sex mit einer Frau, die mit Rohypnol ruhig gestellt wurde. Eben jenes Gedicht hatte die Besucherin des Wiener Konzerts laut SZ schließlich „getriggert“ und bewogen, über ihre Erfahrung zu sprechen.

Der deutsche Verlag Kiepenheuer & Witsch, der zwei Bände mit Lindemanns Texten, darunter jenem Gedicht, veröffentlicht hatte, beendete am Freitag seine Zusammenarbeit mit dem Sänger. hub

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