Selenskij hielt bei Venedig-Biennale Ansprache an die Kunstwelt
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat am Donnerstagabend eine Video-Ansprache auf der Kunstbiennale Venedig gehalten und dabei an die Kraft der Kunst appelliert. Anlass war die Eröffnung einer Solidaritäts-Ausstellung, die von der Stiftung des ukrainischen Oligarchen Viktor Pinchuk ausgerichtet wird. „Es gibt keine Tyranneien, die die Kunst nicht eingrenzen würden – denn sie wissen um die Macht der Kunst“, sagte Selenskij bei der Ansprache, bei der laut dem Branchenmagazin Artnet auch die Chefkuratorin der Biennale und zahlreiche Prominente anwesend waren. „Kunst kann der Welt Dinge sagen, die anders nicht mitgeteilt werden können“.
Die Ausstellung in der „Scuola Grande di Misericordia“, einem zweistöckigen ehemaligen Kirchenbau, der zwischenzeitlich auch als Sporthalle genutzt wurde, ist Teil des Rahmenprogramms des Kunstfestivals, das ab Samstag für Publikum zugänglich ist – der offizielle Beitrag der Ukraine, das Werk „Brunnen der Erschöpfung“ des Künstlers Pavlo Makov, ist in einem Raum im Arsenale untergebracht. Das Zustandekommen dieses Beitrags war lange Zeit ungewiss – die Kuratorin musste die Trichter, die zu einem Dreieck an der Wand verteilt sind, auf ihrem Autorücksitz von Kiew nach Venedig transportieren. Bei der Vorbesichtigung blieben einige Vitrinen halb leer – das Dokumentationsmaterial, das gezeigt werden soll, sei noch unterwegs, war zu lesen.
Pinchuks Solidaritäts-Schau – die unter anderem auch von der Stiftung TBA21 von Francesca Habsburg unterstützt wird – kann da mit spektakuläreren Geschützen auffahren. In letzter Minute holte man Starkünstler wie Olafur Eliasson (er platzierte ein Leuchtturmlampe, die das SOS-Signal blinkt, im Stiegenhaus), Takashi Murakami und Damien Hirst an Bord (beide zeigen etwas platte Varianten der Ukraine-Flagge, die sie mit ihrem Markenzeichenhaften Comicstil (Murakami) bzw. Schmetterlingen (Hirst) anreicherten.) Eine signierte Flagge mit dem Titel „We are Defending our Freedom“ (Wir verteidigen unsere Freiheit) steuerte Selenskij als „Kunstwerk“ selbst bei. Weiters zu sehen ist auch jenes riesige Bild eines Flüchtlingskindes, das der französische Street-Art-Künstler JR auf öffentlichen Plätzen entrollen und aus der Luft fotografieren ließ – es war am Cover des TIME Magazine zu sehen.
Wenngleich die Schau der Pinchuk-Kunststiftung anstelle der sonst bei Biennalen üblichen Präsentation von Nachwuchskünstlerinnen und -Künstlern die räumlich größte Solidaritätsveranstaltung bei dem wohl weltweit wichtigsten globalen Kunstfestival ist, ist sie doch nicht die einzige: Inmitten der Länderpavillons der Giardini wurde in letzter Minute eine so genannte „Piazza Ucraina“ errichtet. Ein großer Kegel aus Sandsäcken erinnert hier an die Monumente, die in ukrainischen Städten auf diese Weise gegen Beschuss geschützt werden, angekohlte Holzstelen sollen die Verwüstung vergegenwärtigen. Auf den Brettern affichiert sind Werke ukrainischer Kunstschaffender, aber auch Kinderzeichnungen, sie werden während der Laufzeit wechseln.
Zahlreiche weitere Ausstellungen ukrainischer Künstlerinnen und Künstler finden sich zudem über die Stadt verteilt. Der Zustrom wohlhabender Kunstinteressierter gipfelte am Donnerstag auch in einer Charity-Auktion, die in der Scuola Grande di San Rocco – dem vielleicht schönsten Innenraum Venedigs mit weltberühmten Gemälden Tintorettos – abgehalten wurde. 15 Werke von Künstlern wie Sarah Morris und Julian Schnabel wurden auktioniert, ein Werk von US-Star Richard Prince erzielte mit 375.000 den Höchstpreis. Wie viele Mittel die Kunstwelt insgesamt mobilisieren kann, lässt sich nicht beziffern.
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