Selbstmordattentäter werden vermittelt

Juli Zeh
Juli Zehs neuer Roman ist eine Satire, die poetisch sein will.

Die Zukunft wird schlank und fit, slim-fit, und seltsamerweise geht es denen, denen es gut geht, am schlechtesten.

Weil sie darunter leiden, dass sie nicht mehr wissen, was sie wollen.

Weil alles verschwommen ist, nichts ist mehr klar, und das merkt man auch daran, dass eine rechte Partei regiert, die Besorgte-Bürger-Bewegung ... aber offensichtlich in Koalition mit Politikern, die einmal Linke waren. Die Innenministerin heißt bestimmt nicht zufällig:

Wagenknecht.

Wie Sahra Wagenknecht von der Linksfraktion, der mitunter heute rechtes Gerede angekreidet wird.

Die Atwood kann’s

Es ist alles eins in der Welt im Jahr 2025, die Juli Zeh in "Leere Herzen" zeigt. Sehr nah scheint das nach den Wahlen.

Juli Zeh, diese Kämpferin, bemüht sich diesmal sogar um etwas Humor, damit ihre Vision erträglicher ist.

Allerdings steckt sie Humor wie ein notwendiges Übel in den Roman – so in der Art: Die Kanadierin Margaret Atwood hat in ihren Apokalypsen Witz, WARUM SOLL DAS EINE DEUTSCHE NICHT SCHAFFEN?

Also stellt Zeh in den Text die Ergebnisse einer (noch fiktiven) Umfrage: Was würden Sie tun, wenn Sie sich zwischen dem Wahlrecht und Ihrer Waschmaschine entscheiden müssten?

67 % für Waschmaschine.

Humor abgehakt. Ist ohnehin nicht lustig. Dafür ist alles zu ernst. Volle Konzentration auf den Ernst. Das Thrillerthema interessiert. Poetische Anwandlungen stören allerdings ziemlich.

In Braunschweig bietet Britta Psychotherapie an. Sie ist reich geworden. Es bringen sich nämlich immer mehr Menschen um. (Und im Radio singt eine Zwöfjährige : "It’s a suicide world!")

Terror aus Bayern

Offiziell versucht Britta selbstverständlich, den Klienten die Todesgedanken auszutreiben. Das gelingt meist, indem den Selbstmordgefährdeten der Kopf unter Waser gehalten wird. Selten sagt da eine(r): Weitermachen!

Aber genau die, die nach dem Luftschnappen noch immer tot sein wollen, die sind für Britta Objekte finanzieller Begierde: Sie werden als ideale Selbstmordattentäter vermittelt. An separatistische Organisationen (in Bayern! haha!), an Öko-Terroristen, Islamisten usw.

Britta hat ein Monopol auf diese Dienstleistung, geduldet von der Regierung: Besser als unkontrollierter Terror. Was aber, wenn Konkurrenz auftaucht? Wenn es gegen die Besorgte-Bürger-Bewegung geht und Merkel ins Amt zurückgeholt werden soll?

Juli Zeh präsentiert:

Leere.

Und eine Frau, die meint, da gibt’s nur eines: Mit Geld muss man die Leere füllen.

PS: Es muss ja nicht gar so schnell ein neuer Roman erscheinen, generell nicht. Gibt 30.000 im Jahr. Vielleicht lässt sich dann verhindern, dass man an missglückten Sätzen hängenbleibt.

Gleich auf Seite 12, dem Einstieg in "Leere Herzen", steht: "Man lehnt im Türrahmen lehnend ..."

Juli Zeh:
„Leere Herzen“
Luchterhand
Verlag.
352 Seiten.
20,60 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

Kommentare