Sein letzter Roman: "Es gibt kein Ende"

Péter Esterházy (1950 - 2016)
Péter Esterházy hatte sich zuletzt spöttisch mit Religion befasst. Donnerstag starb der Vielgerühmte.

Wenn Péter Esterházy über Gott schrieb, so passte auch das sauer riechende Haarnetz von Onkel Ágoston dazu.

Und ein neues Kreuz aus Messing war bei ihm gleichrangig mit den Löchern in den Linzer Augen, damit viel Marmelade Platz hat.

Denn: Gott und die Welt gehören zusammen.

Der krebskranke ungarische Schriftsteller erzählte vor seinem Tod die Leidensgeschichte Jesus’ in eigener Version, das heißt: Eine Budapester Familie mit zwei Söhnen steht und leidet im Mittelpunkt. Unter Stalin war sie als "Volksverräter" aufs Land verbannt worden.

Einsam lebt sich’s auf einem Bauernhof. Sogar Gott ist einsam, "also muss man beten, denn ein einsamer Gott ist gefährlich".

Einfach?

Dieser Satz stammt von einem Kind, das noch zu klein ist, sich selbst auf den Gepäckträger eines Rades zu setzen.

Aber vielleicht ist es gar kein Bub, sondern ein kleiner weiser alter Mann, denn er gibt wagemutigen Lesern z.B. ebenso mit auf den Weg:

"Ich bete, um zu glauben. Glaube ich."

Und etwas später auf die Frage, warum er an Gott glaube: "Weil ich glauben will, dass ich bin."

Péter Esterházy hatte sich für "Die Markus-Version" eine einfache Geschichte vorgenommen – und das konnte er nicht, das wollte er ja gar nicht wirklich.

Über das vorangegangene Buch hatte er auch lächelnd gemeint, es sei einfach – und dann war da etwa eine Seite, auf der stand nur:

"Das".

Sonst kein Wort, und freilich kann man nun feststellen, es sei ohnehin etwas Einfaches, weil immerhin kein Fremdwort.

Es gehörte zu dem studierten Mathematiker, dass man nicht genau weiß, wer da jetzt am Wort ist. Früher einmal war Esterházy in einem Roman zeitweise sogar als betender Karpfen unterwegs.

Er war auch zuletzt spöttisch, das Jesuskind passt einerseits gut auf, es gibt andererseits trotzdem familiäre Katastrophen, und ob es die Auferstehung gibt, das ist fraglich. Aber man kann ja wählen.

Letzte Zeile:

"Es gibt kein Ende. Das ist der Schluss."

Das war er wirklich.

***

Das Allerstärkste steht in den Nachbemerkungen Esterházys, es ist ein Zitat des fünf Monate vor ihm gestorbenen Literatur-Nobelpreisträgers Imre Kertész:

Kértesz fand die Frage, wo Gott war in jenen Tagen von Auschwitz, kindisch ... und er merkte an, es könnte sich ja auch ein Aal im Plattensee fragen, wo Gott war, als giftiges Abwasser in den See gelassen wurden.

Die Menschen sollten endlich erwachsen werden.


Péter Esterházy:
„Die Markus-Version“
Übersetzt von Heike Flemming.
Hanser Berlin.120 Seiten. 17,40 Euro.

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