Götz-Zitat auf 600 Seiten mit Würgeschlangen

Sprachmaschine aus dem Literaturinstitut Leipzig: Verena Roßbacher, 1979 in Bludenz geboren, hier beim Bachmann-Preis 2010
Die Vorarlbergerin Verena Roßbacher mutet uns in ihrem neuen Buch ein Geschwätz zu und hat es lustig dabei.

" Schwätzen und Schlachten" ist ein ähnliches ... Erlebnis wie die seltsame Begegnung mit einem Nachbarn auf der Straße:

Ungefragt erzählt er, dass die Lebensgefährtin seines Sohnes eine Tochter hat, die in die Volksschule geht und gern Gulasch isst, am liebsten sehr scharf.

Der Unterschied zum Buch ist bloß: Der Nachbar glaubt, er habe etwas Interessantes weitergegeben; und die in Berlin lebende Vorarlbergerin Verena Roßbacher weiß, dass ihr Geschwätz eine Zumutung darstellt.

Vielleicht ist ihr neuer (ihr zweiter) Roman so etwas wie ein auf 600 Seiten gezogenes Götz-Zitat; stilistisch fein, aber trotzdem bleibt nur ein "Er aber kann mich am A..." übrig.

Stöhnen

Ihr Debüt "Verlangen nach Drachen", ein Figurenkabinett, war 2009 gefeiert worden, auch im KURIER.

Götz-Zitat auf 600 Seiten mit Würgeschlangen

Ein Jahr später, als Roßbacher beim Bachmann-Preis von Engeln und Buchstabensuppe erzählte, wurde ihre (gestöhnte) Prosa als "grauenhaft manieriert" bewertet.

Da muss ein Schriftsteller ja durchdrehen ...

Es zahlt sich kaum aus, etwas über den Inhalt von "Schwätzen und Schlachten" zu erwähnen. Drei junge Männer leben in Berlin, trinken Tee und üben Hausmusik. Einer interessiert sich für Filme, einer für Frauen ... Ein Text, den sie finden, könnte Hinweis auf einen bevorstehenden Mord sein.

Das macht das Buch aber keineswegs interessanter.

Obwohl im Klappentext steht: Etwas Großes entstehe – "der Diskurs- und Gesellschaftsroman unserer Zeit."

Das ist der beste Witz.

Es wird geplappert, bis man zornig wird. Über die Gefahr von Würgeschlangen, die, wenn man auf dem Klo sitzt, beißen könnten.

Über den versteckten Klingelknopf der Arztpraxis von Dr. Blume.

Über Frau Anna Snozzi, die von Wolfgang Snozzi ein Kind bekommt (wird es gern Gulasch essen, scharfes?) ...

Nachdenklich

Sprachmaschine Roßbacher ist die Ich-Erzählerin. Sie kennt die drei Berliner und schreibt deren kaum vorhandene Geschichte auf. Zwischendurch trifft sie ihren Lektor, der sie tadelt, weil sie geschrieben hat, Bussarde seien nachdenklich.

Bussarde sind nie nachdenklich. Nachdenkliche Bussarde sind Schriftsteller-Quatsch.

Und, auch das noch, Verena Roßbacher wendet sich mehrmals an ihre Leser. Dann verrät sie uns zum Beispiel auf Seite 200, dass wir uns auf Seite 375 besser auskennen werden.

Einmal sagt sie zu uns: "Sie denken womöglich, was redet die Lusche für einen Senf daher."

Stimmt. Wobei einem das Wort "Lusche" nie in den Sinn gekommen wäre. Roßbacher ist ja nicht unfähig. Sondern steht zurzeit etwas im Abseits. Immerhin scheint sie dort zu lächeln.

KURIER-Wertung:

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