Schreien? Abhauen? Anpacken?

Schreien? Abhauen? Anpacken?
Jürgen Bauer und "Ein guter Mensch". Was tun, wenn die Lage hoffnungslos ist?

Das ist wie ein Traum, den man sich endlich einmal gemerkt hat, hurra – aber nein, in diesem Fall würde man nach dem Aufwachen (= nach 240 Seiten) gern alles vergessen, doch bleibt es vor Augen, in Cinemascope.

Denn es hat seit einem Jahr nicht geregnet. Menschen schneiden sich auf der Straße die Pulsadern auf, damit sie ins Spital kommen und dort einen Schluck Wasser kriegen. In Europa verdursten zuerst die Flüchtlinge in den Lagern, ihnen hat man den Hahn zugedreht ...

"Ein guter Mensch" heißt Jürgen Bauers Vision. Glaubwürdig ist sie, intensiv und um nichts weniger klug und wichtig als "Die Außerirdischen" von Doron Rabinovici. (Wie vergangenen Samstag berichtet, führen in diesem Roman Fake News über gelandete Raumschiffe zur Diktatur. Vielleicht gibt es auch die Wasserknappheit gar nicht.)

Jürgen Bauer hat seine eigene Angst ins Buch gesteckt. Der Pessimist in ihm kämpft gegen den fröhlichen Kerl, der der 35-Jährige zu sein versucht.

Am Lastwagenfahrer Marko, der die Wassertanks zu den Verteilungsplätzen bringt, erleben wir die ganze Verwirrung.

Drei Möglichkeiten

Das Wasser ist angesichts des aktuellen Wetters als Thema gut gewählt, aber man wird an alle möglichen Krisen und Katastrophen denken, sogar an private.

Was tun in hoffnungsloser Lage? Soll man lachen? Trotzdem ein Kind zur Welt bringen? Oft heißt es in "Ein guter Mensch", es gibt nur drei Möglichkeiten, wenn man nicht mehr weiterwursteln will: 1.) schreien, 2.) abhauen oder 3.) anpacken – make it beautiful NOW.

Jürgen Bauer sucht den Punkt zum Leben und Überleben: "Vielleicht die tägliche Arbeit im Kleinen?", sagt er im KURIER-Gespräch. "Oder der Protest?"

Oder ein Buch schreiben? Lesen? Es könnte "Ein guter Mensch" sein.


Jürgen Bauer:
„Ein guter
Mensch“
Septime Verlag.
224 Seiten.
22 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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