Schöne Töne bei Grünkohl und Kohlwurst
Junge rettet Freund. Es gibt nur einen Grund, den Roman zu verweigern. Es ist allerdings ein guter Grund: Wenn man nämlich absolut keine Lust mehr darauf hat, Erinnerungen an die Kindheit zu lesen.
Wie jemand in den 1960er-Jahren „Grünkohl mit Kohlwurst und Salzkartoffeln“ gegessen hat, in Hamburg war’s, und die erste Zigarette geraucht hat, und dann, in den 1970er-Jahren, stirbt der Opa, stirbt die Oma, und die depressive Mutter verschwindet ... man ist halbwegs erwachsen geworden, aber hat verloren. Viel.
Der als Humorist bekannte Heinz Strunk, der eigentlich Halfpape heißt (wie der Bub, von dem er erzählt), macht es ausgezeichnet. In „Junge rettet Freund aus Teich“ schreibt er als Sechsjähriger Matthias, Zehnjähriger und als 12-Jähriger. Das erzeugt schöne Töne – wenngleich Kinder halt äußerst selten so schreiben, wie es sich 50-jährige Schriftsteller so vorstellen
KURIER-Wertung: **** von *****
Info: Heinz Strunk: „Junge rettet Freund aus Teich“ Rowohlt Verlag. 288 Seiten. 20,60 Euro.
Lena war 16, als ihre Heimatstadt Leningrad eingekesselt wurde. Sie schrieb Tagebuch über ihr Erwachsenwerden bei Frost, Angst und Hunger inmitten von 900.000 Toten. Das kürzlich wiederentdeckte Dokument notiert erste Liebe, Essensfantasien und Mut im Grauen 1941/’42. Lena überlebte.
Glücklich wurde sie nicht.
Lena Muchina: „Lenas Tagebuch“ Übersetzt von Lena Gorelik und Gero Fedtke. Graf Verlag. 374 Seiten.18,50 Euro
Von Dexter ist der dreckige, mitleidlose, herrliche Westernroman „Deadwood“. Dass in „Paperboy“ zwei Reporter einen Mörder vor der Todesstrafe bewahren, ist weniger interessant als Dexters Umgang mit den Typen im düsteren Florida 1965. Der Film mit Nicole Kidman wird schockieren, voraussichtlich ab Juli.
KURIER-Wertung: ***** von *****
Pete Dexter "Paperboy“ Übersetzt von Bernhard Robben. Liebeskind Verlag. 320 Seiten. 20,40 Euro
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