"Schneewittchen": Die Schlechteste im ganzen Land

Ist Rachel Zegler in "Schneewittchen" wirklich schlechter als George Clooney in "Batman & Robin"?
1,6 von 10 Sternen: Eine massive Onlinekampagne und „Hate-Watching“ haben dazu geführt, dass das Disney-Märchen „Schneewittchen“ nun als historisch grottenschlechter Film firmiert. Das hat kuriose Folgen.

Dass Disney mit der neuen „Schneewittchen“-Version ein veritables Debakel erlebt, ist mittlerweile wohl unbestritten. Die Kinoeinnahmen sind erbärmlich - im Vergleich zu den Erwartungen. Die Kritiken waren, freundlich gesagt, durchwachsen. Aber am meisten fällt der Leider-nicht-Blockbuster im Internet durch. 

Auf der vielbesuchten Filmdatenbank „IMDB“ (Internet Movie Data Base), die allerlei Informationen über Bewegtbild anbietet, aber vor allem auch Onlinekritiken versammelt und einen Durchschnittswert berechnet, hat „Schneewittchen“ eine desaströse Bewertung.

"Schneewittchen": Das Internet ist empört

Von zehn möglichen Sternen konnte der Film gerade einmal 1,6 erwirtschaften. Das ist wenig. Sehr wenig. Und macht „Schneewittchen“ zu einem beeindruckenden Beispiel dafür, welche Dynamiken heute die teuerste PR-Maschinerie ausbremsen. Disneys „Schneewittchen“ hat gleich mehrere Fronten aufgemacht, an denen sich empörtes Internetvolk abarbeiten konnte. 

Zum einen hat sich Hauptdarstellerin Rachel Zegler schon früh im Produktionsprozess mit Aussagen aus dem Fenster gelehnt, die vor drei Jahren nicht den Gegenwind produziert haben, den sie heute entfachen. Sie analysierte den Prinzen damals als „Stalker“ und freute sich darauf, dass das Märchen modernisiert werde, denn der Originalfilm stamme nun mal aus den 30er-Jahren „und das sieht man deutlich“. In der im Trump-Gefolge aufpolarisierten Welt von heute reicht das den Kämpfern gegen „grassierende Political Correctness“, um eine überschießende Wokeness (immerhin ist nicht mal Schneewittchen „schneeweiß" - Zegler ist Latina) zu konstatieren. Sprich: Den Film kann man ihrer Meinung nach nicht anschauen.

Kein Respekt für Zwerge

Aber auch jene, die Modernisierungen gegenüber aufgeschlossen sind beziehungsweise sie einfordern, konnte „Schneewittchen“ nicht für sich gewinnen. Da sind nämlich die sieben Zwerge, und mit denen wurde wiederum nicht woke genug umgegangen (sie wurden schlussendlich computeranimiert). Also: Den Film kann man nicht anschauen, sagt die Diversitätsfraktion.
Dann kam eine politische Komponente hinzu, die Disney bei Start der Produktion vor einigen Jahren nicht ahnen konnte: der Gaza-Krieg. Rachel Zegler gehört zu jener Gruppe von Hollywoodschauspielern, die das Motto „Free Palestine“ freimütig verstreut, während die in Israel geborene Gal Gadot, die die böse Stiefmutter spielt, naturgemäß eine andere Ansicht vertritt. Die Verfechter der jeweiligen Seiten sagen also auch: Den Film kann man sich nicht anschauen.

Gerechtigkeit für schiache Vögel

„Hate-Watching“ trotz schlechter Kritiken

Wer schaut sich diesen Film dann an? Wenn man der Bewertung bei IMDB glaubt, vor allem Menschen, denen er nicht gefällt. Das Phänomen „Hate-Watching“ (man sieht sich etwas an, damit man danach lustvoll stänkern kann) scheint also eine Rolle zu spielen. Und die eifrig durch die Sozialen Medien geprügelten Kommentare sowieso. Die hatten ein breites Sprektrum: Es gab zwar manch witziges Meme, in dem etwa das liebliche Vögelchen, das sonst mit Schneewittchen singt, plötzlich zu einem Waldrapp mutiert: Gerechtigkeit für nicht so schöne Tiere! Der Großteil der Tweets war freilich rassistisch (ad Zegler) und antisemitsich (ad Gadot).

Diese zugegeben bedenkliche Entwicklung - eine ähnliche Fan-Macht war bei der auch von manchen wegen schwarzen Elbenn zu divers erachteten Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ zu beobachten -hat nun eine kuriose Folge. „Schneewittchen“ ist mit seiner unterirdischen Sternebewertung illustrer Gast in den am schlechtesten bewerteten Filmen auf IMDB. Das bedeutet, dass ausgewiesene Übeltaten der Filmgeschichte besser dastehen als eine millionenschwere Disney-Produktion. Das B-Movie mit dem klingenden Namen „Santa Claus conquers the Martians“ (Der Weihnachtsmann erobert die Marsianer) aus dem Jahr 1964 überrundet das Animationsmärchen mit einem Wert von 2,7 zum Beispiel spielend. Der erwiesen schlechteste Batman-Film aller Zeiten „Batman und Robin“, in dem George Clooneys Nippelabdrücke am Fledermauskostüm ihn selbst an die Wand spielten, lässt „Schneewittchen“ mit 3,8 weit hinter sich.

Sogar der menschliche Tausendfüssler!

Fixstarter auf Schlechtesten-Listen wie Parodien auf erfolgreiche Filmreihen haben auch keine Chance gegen die Zwergenfreundin. Die „Hunger Games“-Karikatur „The Starving Games“ (dessen deutscher Titel „Die Pute von Panem“ allein schon für lebenslanges Filmproduzierverbot sorgen sollte) bilanziert mit 3,2 weit besser und der „Twilight“-Spott „Beilight - Bis zum Abendbrot“ sogar mit 3,4.
Die weithin als unheimlich empfundene Realfilm-Version des Musicals „Cats“ („ein Meisterstück des unabsichtlichen Horrors“, „das Schlimmste für Katzen, seit es Hunde gibt“ ) überragt „Schneewittchen“ mit einem Sterndurchschnitt von 2,8. Mariah Careys Musikfilm „Glitter“, für den es gar nicht genug Goldene Himbeeren geben konnte, kommt auf 2,4. Der grauenhafte dritte Teil des grauenhaften Horrorfilms „The Human Centipede“ (Google präsentiert ganz oben die zutiest enttäuschte Beschreibung des „struunzdummen Kackfilms“) ist mit 2,7, immer noch besser gelitten als „Schneewittchen“.
Wirklich schlechter bewertet sind nur mehr Filme, die früher in der Videothek in der „So fad kann einem nicht ernsthaft sein“-Kiste gelegen sind. Sie tragen Titel wie „Superbabies: Baby Geniuses 2“ (1,5) oder „DKAO: Türken im Weltall“ (1,5).
Was das über den Wert solcher Online-Bewertungen aussagt? Das kann sich jeder selbst ausrechnen.

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