Kino-Flop "Schneewittchen": Hat Online-Shitstorm den Erfolg vergiftet?

Kino-Flop "Schneewittchen": Hat Online-Shitstorm den Erfolg vergiftet?
Pro-Palästina- und Anti-Trump-Aussagen der Hauptdarstellerin fachten Widerstand des rechten Anti-Woke-Lagers an. Dieses feiert nun den Misserfolg. Ein Modellfall?

115 Millionen US-Dollar Verlust: Diese Summe errechnete das US-Branchenportal Deadline für den Disney-Film „Schneewittchen“, der am 20. März in die weltweiten Kinos kam. Die Summe inkludiert nicht nur die schwachen Einspielergebnisse an den Kinokassen (in Nordamerika folgte auf ein Eröffnungswochenende mit 43 Millionen US-Dollar ein Rückgang um 66% am zweiten Wochenende), sie rechnet auch projektierten Umsätze aus Streaming und Merchandising ein. Den Kosten von 410 Millionen Dollar (270 Millionen für Produktion, dazu Kosten für Vertrieb und Marketing), bleibt dem Disney-Konzern ein fettes Minus.

„Snow Woke“

Für einen Teil der Klientel ist dieser Verlust ein Triumph: Meinungsstarke Persönlichkeiten hatten die Adaption schon früh madig gemacht, von „Snow White“ in „Snow Woke“ umgetauft - und dagegen Stimmung gemacht. Das lag zum einen an der Identität der Hauptdarstellerin Rachel Zegler, die als Kolumbianerin das Schneewittchen spielt, und ihrer Gegenspielerin Gal Gadot („Wonder Woman“), die ausgerechnet die böse Königin mimt. 

Und nachdem sich der Schauspieler Peter Dinklage („Game of Thrones“) während der Produktionszeit über eine klischeehafte Darstellung der „Sieben Zwerge“ beschwert hatte, wurden die sieben Charaktere computeranimiert.

„Mangelnder Respekt“

Doch damit, dass selbsternannte Traditionshüter „mangelnden Respekt vor dem Original“ witterten, war es nicht genug: Zegler ließ es sich auch nicht nehmen, nach einem Promotion-Auftritt „Free Palestine!“ zu twittern und sich auch sonst den Mund nicht verbieten zu lassen. Sie wünschte den Anhängern von Präsident Trump, dass sie „niemals Frieden finden“ sollte. Gadot ihrerseits äußerte sich gegen Antisemitismus und setzte sich für die Freilassung der Hamas-Geiseln ein. Laut Variety erhielt sie Morddrohungen, Disney musste für erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die Schauspielerin und ihre vier Kinder aufkommen.

Gekaperte Kino-Kampagnen

Ungeachtet der Kampagnen bekam der Film auch viele schlechte Kritiken, die Bewertungswebsite „Rotten Tomatoes“ erntete er nur bei 29% der Top-Kritiker Zustimmung und eine Durchschnittswertung von 5 von 10 möglichen Punkten. In breiterem Rahmen steht aber die Frage im Raum, ob Schneewittchen den Weg in eine Zukunft weist, in der die rechtslastige Meinungssphäre in den USA einen großen Film „killen“ oder auch zum Erfolg führen kann. Im Pop-Business sah man ähnliche Kurzzeit-Effekte 2023, als gezielte Downloads den Folksänger Oliver Anthony aus dem Nichts auf Platz eins der Charts katapultierten.

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