"Schikaneder"-Uraufführung: Klassik light – herzig und nett
Es gibt sie, die Angst des Kritikers vor der Uraufführung: Wenn die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) ihrem Publikum nach "Mozart!" (1999) und "Die Weberischen" (2006) erneut die Mozartkugel geben. Denn Schikaneder, Autor der "Zauberflöte", lässt sich der kulturellen Laufkundschaft wohl nur durch das Genie Mozart vermitteln, durch die meistgeplünderte – pardon: zitierte und imitierte – Cashcow der Musikgeschichte.
Aber es überrascht manches positiv an "Schikaneder", am Freitag im Raimund Theater auf den Tag genau 225 Jahre nach der Uraufführung der "Zauberflöte" aus der Taufe gehoben.
Anerkannte Spezialisten und Kapazunder wie der Regisseur Sir Trevor Nunn, ehemals Intendant der Royal Shakespeare Company, haben nach dem Buch von VBW- Musical-Intendant Christian Struppeck etwas generiert, das präzise abläuft wie ein Schweizer Chronometer.
Diesmal heißt’s: Mozart goes Disney. Musical goes Opera light. Was die meisten Hardcore-Klassik-Fans der Kehlkopfartistik à la Netrebko reflexartig die Nase rümpfen lässt. Obwohl: Die singt ja jetzt auch schon "Amoi" mit Andreas Gabalier ...
Was das 31-köpfige klassische Orchester unter Dirigent Koen Schoots im Graben vor dem Barocktheater im Theater an symphonischem Schmelz und Schmalz exekutiert, kann schon mithalten mit CDs wie "Klassik zum Kuscheln" oder "Klassik zum Träumen" – und auch "Sound of Music"-Fans entzücken. Neben den vom Komponisten Stephen Schwartz ("Wicked" und "Pocahontas") aufgebotenen Mozart-Zitaten, "ein gruseliges Unterfangen", wie er selber meinte, und den vom Cembalo begleiteten Rezitativen könnte auch einiges von Erich Wolfgang Korngold sein oder aus dem 50er-Jahre-Hollywood-Kino, angereichert um Pop- Balladen.
"Ein bissel fürs Herz"
Der Song "Träum groß" beim ersten Aufeinandertreffen von Schikaneder und seiner späteren Frau Eleonore wurde bereits vorab zum Hit hochgejubelt. Nur dürfte auch hier gelten: Angesagte Hits werden selten welche.
Aber wetten, dass es in noch keinem Musical in so kurzer Zeit so viele Kostümwechsel gab?
Alles dreht sich in der sehr überschaubaren Handlung um das Theater-Traumpaar des 18. Jahrhunderts, das miteinander – und ohne einander erst recht – nicht kann.
Neben dem oft unnötig wild gestikulierenden Mark Seibert und einer bezaubernd sympathischen wie gesanglich überzeugenden Milica Jovanovic verblassen die anderen fast zur Staffage:
Florian Peters ist ein rührend patscherter Lover, der schon beim Träumen zu sparen anfängt; Reinwald Kranner der intrigante Bühnenkonkurrent Marinelli. Umwerfend komisch: Katie Hall als strohdumm-naive und Koloratur singende Geliebte Schikaneders.
"Schikaneder" ist "ein bissel fürs Hirn und ein bissel fürs Herz, ein bissel Krawall und Spektakel ... ein bissel fürs Aug, und ein bissel fürs Ohr, ein bissel Klamauk und Mirakel ..." So steht’s in "Mozart!", getextet von Michael Kunze. Der hat jetzt auch "Schikaneder" ins Deutsche rückübersetzt. Und da heißt’s am Ende "Liebe siegt".
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