Schieles Lebensmensch, kostengünstig
Es ist gewissermaßen die Mona Lisa des Leopold Museums: Das „Bildnis Wally“, das eindrückliche Bild von Egon Schieles „Lebensmensch“ Walburga Neuzil, erhielt durch seine Beschlagnahme Ende 1997 und einen erbitterten Rechtsstreit eine fast mythische Aura, ähnlich wie Leonardos Gemälde erst durch seinen Diebstahl weltberühmt wurde. Oft wurde dabei die Schlüsselrolle Wallys für Schieles Werk ins Treffen geführt, die intensive Beziehung und Schieles Trennung von ihr nacherzählt.
Auf Anregung von Elisabeth Leopold sollte nun eine Ausstellung die wichtige Frau näherbringen. Wer weiß, wie enthusiastisch die Sammlerwitwe über Schiele zu sprechen vermag, durfte hoffen, etwas von diesem Feuer in der Schau wiederzufinden.
Enthusiasmus verpufft
Dazwischen sind die Stationen von Wallys Kindheit und ihrer vier Jahre währenden Beziehung zu Schiele ausgebreitet – mit Wohnorten in Wien, Krumau, Neulengbach. Dass man dies mit zahllosen Postkarten und faksimilierten Fotos illustriert, ist nur damit zu erklären, dass es Platz zu füllen galt. Die Aufmerksamkeit für aussagekräftige Dokumente – etwa Fotos von einem Aufenthalt des Paares am Traunsee 1913 – schwindet so jedenfalls rasch dahin.
Die Ausstellung sei „in hohem Ausmaß kostengünstig und selbst gemacht“, sagte Helmut Moser, Vorsitzender der Leopold Museum Privatstiftung, der sonst zu den Budgetproblemen des Hauses (der KURIER berichtete) jeden Kommentar verweigerte. Mosers Kompliment benennt in Wirklichkeit das Problem, denn der Schau ist Ressourcenknappheit anzusehen.
"Selbst gemacht"
So fehlt nicht nur das skandalträchtigste Bild der Wally-Schiele-Beziehung, „Die Rote Hostie“ von 1911, in dem sich Schiele – nach Vorbild eines japanischen Holzschnitts – mit riesigem Penis darstellte. Es unterbleibt auch die Anstrengung, die Beziehung zu Wally im Kontext anderer Einflüsse zu platzieren.
Ebenso unverständlich ist, dass zwischen dem „Bildnis Wally“ und seinem Pendant, Schieles „Selbstbildnis mit Lampionfrüchten“, nun ein völlig anderes Bild hängt. Dass die Bildnisse zusammengehören, war stets ein Kernargument gegen eine Rückgabe der „Wally“ an die ursprünglichen Besitzer gewesen.
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