Scheuba und Palfrader: Schönlügen
Du sollst dir keine Illusionen über dich selbst machen. So könnte das 11. Gebot heißen. Aber die neue Religion heißt Kapitalismus. Da kann es schon sein, dass die Gefühle von allzu Kapitalismusgläubigen verletzt werden.
Etwa wenn Florian Scheuba und Robert Palfrader in "Flügel" im Rabenhof vorführen, dass Red Bull ähnlich wie die Geschichte vom Vater, dem Sohn und dem heiligen Geist funktioniert.
Mystik als Geschäftsprinzip. Man muss nur daran glauben, damit es wirkt. Wenn die Hostie der Leib Christi ist, was ist dann Red Bull, das zum Produktionsaufwand von 10 Cent zum Verkaufspreis von 1,5 Euro in Dosen abgefüllte Gebräu? Didis Saft? Und was sagt uns der Absprung eines Menschen aus der Stratosphäre? "Dass die Schwerkraft auch für Depperte gilt."
Palfrader & Scheuba sind in ihrem zweiten gemeinsamen Programm in Top-Form. Ihre Dialoge: scharf, mitunter derb-rüpelig und im richtigen Timing.
Unterhaltung mit Haltung wollen sie machen, keine Pointenhuren und Kasperln sein. Sich nicht kaufen lassen, also zum "Wolfgang Fellner des Kabaretts" werden. Ein Didi Mateschitz ("Ein Geldscheißer findet kein Sackerl fürs Gackerl") kann sich eine Zeitung kaufen, damit er darin nicht vorkommt. "Das Gegenteil ist Werner Faymann", ätzt Scheuba. Aber Schönlügen führt zum Selbstbetrug: Was sind Prinzipien noch wert, wenn der bezahlte Preis ins Exorbitante steigt? Wenn man ein Angebot nicht mehr ablehnen kann mit der Entschuldigung: "Sonst bringt mich meine Frau um."
Kritisch und unabhängig habe der Satiriker zu sein. Aber unabhängig sei doch nur ein Wort, das auf der Kronen Zeitung steht. "Obwohl, es stimmt", so Scheuba "Berichtet wird dort unabhängig von dem, was wirklich passiert."
"Flügel" ist ein verbaler Rundumschlag u. a. gegen die FPÖ, Niki Lauda, Peter Schröcksnadel ("der Sepp Blatter des österreichischen Skizirkus") und Karlheinz Grasser ("die verföhnte Fratze des Neoliberalismus").
"Flügel" ist Satire, die vor allem von menschlichen Schwächen erzählt. Von Versuchung und vom Sich-selbst-auf-den–Leim-Gehen. Gedankenverspielt, angriffig, voller Überraschungen.
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