Unbekanntes Wien: Schule verwandelt sich in Art Space
Es ist 18.00 Uhr, die Innenstadt erwacht zum Leben: Die Terrassen der Lokale sind bummvoll, auch auf dem kleinen Platz rund um die Schellinggasse 13, gleich beim Schwarzenbergplatz. Ungewöhnlich viele Menschen tummeln sich vor dem Eingang einer alten Schule, die Crowd ist bunt gemischt. Alternativ aussehende Kunststudenten treffen auf Fashionistas mit Teilen der letzten Dior-Kollektion. Vor dem Eingang steht ein fetter E-BMW, dessen Insasse ebenfalls interessiert zum Eingang der Schule schlendert. Eine ungewohnte Kombination an Menschen, die man auf Wiens Straßen nicht oft sieht.
Die Schellinggasse 13 wird momentan von der Plattform "Never At Home" bespielt, die sich zur Aufgabe gemacht hat, leer stehende Locations mit dem Kunstmarkt zusammenzuführen. Während sich der hintere Trakt des Gymnasiums im Umbau befindet und von der Schule nicht genutzt wird, macht sich hier die Ausstellung "Collective Memory. Awareness over generations" breit, die von Daniel Lichterwaldt kuratiert und von Erekle Tsintsadze, Roberta Manganelli und Sarah Theuer organisiert wurde. Zehn Künstler, darunter Christian Eisenberger, Martin Grandits, Begi Guggenheim oder Talente wie Amiko Kamikaze und Sophie-Luise Passow thematisieren das generationsübergreifende Bewusstsein über Erinnerungen, Emotion und Wahrnehmung.
Klingt zu abstrakt? Macht nichts... das Flanieren durch das Gebäude und das Erforschen der Räume versetzt einen in Erinnerungen an die eigene Schulzeit. Am besten, man lässt sich einfach treiben und lässt die Malereien, Skulpturen und Videoinstallationen auf sich wirken. Außerdem wird man gleich in der Eingangshalle mit einer spektakulären Rauminstallation willkommen geheißen: Billi Thanner und Resa Lut verwandeln das Foyer kurzerhand ins Weltall mit Blick auf die Milchstraße. DJ inklusive.
Ein weiteres Highlight sind die Werke der 2015 verstorbenen Künstlerin Soshana, eine der wenigen heimischen Künstlerinnen der klassischen Moderne, die internationale Anerkennung gefunden hat. Sogar Pablo Picasso portraitierte sie 1954. Die ORF/3sat-Dokumentation „Everywhere Alone. The Artist Soshana.“ wird am 10.05.2022 um 18 Uhr im Zuge der Gruppenausstellung gezeigt. Die Dokumentation handelt von der in Wien geborenen jüdischen Künstlerin Susanne Schüller, die im Alter von elf Jahren vor den Nazis fliehen musste. In den USA lernte sie den Maler Beys Afroyim kennen, der für sie zum Lehrer und Lebenspartner wurde. Als Soshana Afroyim porträtierte sie gemeinsam mit Beys zahlreiche berühmte Exilanten - darunter Thomas Mann, Franz Werfel, Bruno Walter und Otto Klemperer.
collective memory. awareness over generations.
noch bis 15. Mai in der Schellinggasse 13, 1010 Wien
Öffnungszeiten
Mo-Do 15.00 bis 21.00, Fr-So 12.00 bis 21.00
Weitere Infos zur Ausstellung
les-nouveaux-riches.com
Die Schellinggasse 13 wird noch bis Juli von Never at Home bespielt. Neben Events und Workshops gibt es für Künstler auch die Möglichkeit, die Räume als Workspace und Atelier zu mieten.
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