Schauspieler Karl Markovics: "Avatar" ist "eine Nischenproduktion"
„Was man von hier aus sehen kann“ ist ein leicht schrulliger Film über das Erwachsenwerden. Eine „Coming of Age“ Geschichte, die auch von ersten Erfahrungen mit dunklen Seiten des Lebens geprägt ist. Ein Film über das Zusammenleben in einem kleinen Dorf, in dem jeder jeden kennt. Über die Liebe und das Sterben von nahestehenden Menschen. Eben alles, was dazugehört zum schönen und schmerzlichen Erwachsenwerden. Vor allem aber ist es ein Film, der nach einem Bestseller - dem gleichnamigen Roman von Mariana Leky - gedreht wurde, der als „nicht verfilmbar“ galt.
Aber darum scherte sich der 41-jährige deutsche Regisseur Aron Lehmann – wie er in einem Interview meinte – „einen feuchten Kehricht“. Nämlich gar nicht.
Einer stirbt immer
Im Buch wie im Film steht eine junge Frau namens Luise im Mittelpunkt. Wir erleben sie in verschiedenen Altersstufen von etwa zehn Jahren bis Anfang ihrer Zwanziger – wobei die Zeitebenen der Geschichte oft ziemlich unvermittelt vor und zurück springen. Den besten Freund ihrer Kindheit hat sie schon sehr früh verloren. Auf der Fahrt zur Schule durch einen Unfall. Trost und Schutz in fast allen Lebenslagen sucht und findet sie seither bei ihrer Großmutter Selma. Einer klugen Frau, die auf den ersten – und auch auf den letzten – Blick wie eine Märchen-Hexe wirkt. Eine gute Hexe allerdings – mit einer erschreckenden Fähigkeit. Immer wenn sie von einem ebenso seltenen wie seltsamen Tier, einem Okapi, träumt, dann stirbt jemand. Innerhalb von 24 Stunden. Dem Regisseur Aron Lehmann ist es gelungen, die verschachtelte Erzählperspektive des Romans in eine leicht altmodisch-nostalgisch wirkende Bildsprache zu übertragen und dabei auch die kauzigen Nebencharaktere ins rechte Licht zu rücken.
Der wichtigste Mann im Dorf ist der Optiker.Luise ahnt, dass er in ihre Großmutter Selma verliebt ist. Und das schon seit Jahrzehnten. Aber auch auf seine älteren Tage ist er immer noch zu schüchtern, sich ihr zu erklären. Er versucht es mit Liebesbriefen. Hunderte von Briefen. Sie bleiben unvollendet. Karl Markovics spielt den verliebten Optiker mitreißend und fast ohne Worte. Der Film kommt ohne Politik, ohne Gott, ohne Glanz und Glamour aus und hinterlässt doch einen bleibenden Eindruck. Trotz trauriger Begebenheiten und tragischer Todesfälle bleibt der leise Humor stets präsent.
KURIER: War es Ihnen nach Lektüre des Drehbuchs klar, dass der Stoff auch als Film funktioniert?
Karl Markovics: Ich kannte das Buch nicht. Aber das Drehbuch fand ich schon beim Lesen sehr, sehr schön. Dass es in Deutschland möglich ist, so eine Geschichte zu verfilmen, die so gar nicht den Sehgewohnheiten eines breiten Publikums entspricht, hat mich auf Anhieb begeistert. Ich kannte damals den Regisseur Aron Lehmann noch nicht – er hat übrigens auch das Drehbuch geschrieben. Aber ich dachte mir: ‚Wenn der das schafft, für diese Geschichte die richtigen Bilder zu finden, dann wird das ein toller Film!‘ Mir ist erst später klar geworden, dass das Buch ein Bestseller war, den unglaublich viele Menschen gelesen haben. Als ich Freunden und Bekannten am Beginn dieses Projekts erzählte, was mein nächster Film sein wird, merkte ich, dass wirklich jede und jeder den Roman gelesen hat. Inzwischen kenne ich ihn auch, aber ich war froh, dass ich zuerst gar nicht wusste, worauf ich mich da einlasse.
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