KURIER: Wann wurde die Idee für die Serie „Better Call Saul“ geboren?
Bob Odenkirk: Es gibt Leute, die mich von der ersten Folge an, in der ich in „Breaking Bad“ aufgetreten bin – in der zweiten Staffel –, gefragt haben, wann Saul seine eigene Serie bekommt. Es wurde zum Running Gag über die Jahre, weil Saul so eine schräge Figur ist. Es war von Anfang an klar, dass er seine eigene Geschichte hat. Das sieht man ja schon an der Kulisse. Die amerikanische Verfassung, die hinter ihm in seinem Büro hängt, die Details, die wir über ihn erfahren. Vince Gilligan, der Erfinder und das Gehirn der beiden Serien, hat dann ernsthaft darüber nachgedacht. Ich habe nur gemeint: Wenn du es schreibst, spiele ich es.
Saul Goodman ist wie Walter White (Protagonist von „Breaking Bad“, Anm.) ein Antiheld. Mögen ihn die Fans deshalb?
Ja, Walter White war besonders gegen Ende ein ziemlich fürchterlicher Typ, aber die Zuseher mochten ihn trotzdem und wollten, dass er gewinnt. Saul ist nicht ganz so schrecklich, haha!
Können Sie den weltweiten Erfolg von „Better Call Saul“ erklären? Die Serie ist genau wie „Breaking Bad“ ein Kulthit.
Ich bin nur an Kulthits interessiert! Wenn Sie sich meinen Lebenslauf anschauen, werden Sie einige richtige Flops sehen, richtig stinkige Projekte. Weil man nie weiß, ob etwas funktionieren wird. Ich möchte nur noch Projekte machen, die originell und pur sind, die etwas haben, was sie von anderen unterscheidet. Aber wie gesagt, man kann vorher nie wissen, ob etwas Erfolg hat. Ich war sehr überrascht, dass „Better Call Saul“ weltweit so beliebt ist. Bei „Breaking Bad“ war das leichter zu verstehen. Und ich bin ewig dankbar, dass diese Serie den Weg für meine jetzige geebnet hat.
Hat sich der Geschmack des Publikums verändert?
Ja, und das verdanken wir Kult-Serien wie „Sopranos“, „Mad Man“ und „The Shield“. Ich kehre immer wieder dazu zurück. Das war der Moment, wo das Publikum und die Studios und Sender kapiert haben, dass Fernsehen mehr sein kann als eine Zwei-Kamera-Sitcom. Dass nicht alles, was als künstlerisch gilt, nur auf der Kinoleinwand zu finden ist. Diese Serien und nachher auch „Breaking Bad“ haben sich schon rein visuell von allem abgehoben, was früher im Fernsehen war.
Vince Gilligan hat „Breaking Bad“ mal als 90 % Drama und 10 % Komödie beschrieben. Und gesagt, dass er auch „Better Call Saul“ so sieht. Stimmen Sie zu?
Ja, und das, obwohl ich bei manchen Szenen laut auflache. Man merkt aber, wie heavy die Serie ist, wie sich die Geschichten entwickeln. Als ich mir die allererste Folge anschaute, musste ich die ganze Zeit lächeln, was natürlich seltsam ist, denn während ich ihn spiele, nehme ich alles ernst, weil Saul alles ernst nimmt. Da vergesse ich völlig, wie witzig der Typ ist. Er ist immer das Opfer von irgendjemandem, immer in irgendeinem Überlebenskampf, um über Wasser zu bleiben, weil er immer etwas nicht ganz Koscheres macht. In der ersten Folge überredet er diese Skateboarder, dass sie sich anfahren lassen sollen. Ich verstehe echt nicht, wieso die Zuschauer ihn mögen! Diese Szenen fallen natürlich in die Kategorie Drama. Aber sie haben was Witziges. Denn jemandem dabei zuzusehen, wie sich alles, was er angreift, in Scheiße verwandelt, ist eben auf eine gewisse Art lustig. Wir lachen, wenn jemand aus eigener Schuld leidet. Das hat Unterhaltungswert.
Wären Sie ein guter Anwalt?
Nein, ich bin nämlich kein guter Verhandler. Und als Anwalt musst du das sein. Du musst dich immer so benehmen, als hättest du nichts zu verlieren. Ich versage da, denn ich will eine schnelle Lösung und gebe daher immer nach, um sie zu bekommen. So verdient man aber kein Geld.
Sie waren 52, als Sie Ihre eigene Serie bekamen …
Ja, und die Chance zu bekommen, in meinem Alter, war etwas ganz Neues. Das ist wie die Lotterie gewinnen, ein ganz verrücktes Geschenk.
Sie schreiben auch ein Buch, nicht wahr?
Meine Memoiren. Ich hoffe, ich werde jemals fertig. Ich mag Showbusiness-Memoiren als Leser sehr gern, was auch der Grund ist, warum ich so etwas schreiben will. Denn ich möchte, dass junge Leute, die in dieser Branche beginnen, eine Idee kriegen, wie es wirklich abläuft. Ich schreibe über die vielen Comedyshows, für die ich geschrieben habe, wie man ein dramatischer Schauspieler wird und beschreibe meine Karriere.
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