Santana: Der die Gitarre singen lässt

Carlos Santana in der Stadthalle in Wien.
Carlos Santana auf "Luminosity-Tour" in der Wiener Stadthalle.

Ein Hauch von Woodstock wehte via Video und auch sonst Dienstag durch die Wiener Stadthalle: Breitwandsupercoloursound mit Carlos Santana. Das Rhythmus-Kraftpaket gibt Gas zu Latin-Gebräu von der ersten Sekunde an, dass so mancher Herzschrittmacher stottert.

Die Percussion-Batterie startet zum Kavallerie-Angriff. Dann schneidet zum wummernden Rock die singende Gitarre eine Schneise durch überwiegend glücksverstrahlte Fourty- und Fiftysomethings.

"Peace on earth", Friede auf Erden, wünscht sich die Gitarrenlegende und holt seinen legendären Latin Groove aus den Saiten, zu prallen Polyrhythmen nah am Overkill, reiht Song an Song. Jazz-Lady Cindy Blackman, seit 2010 mit Carlos Santana verheiratet, sitzt am Schlagzeug. Bongos rattern, Bässe knattern zum vor Selbstbewusstsein triefenden Poprocksoulsound, der in den Gehörgängen explodiert wie eine Guerilla-Granate.

Bombastisch

Ein erster Höhepunkt nach 20 Minuten die elegant hingebügelte Hymne "Maria Maria" mit Wiedererkennungsfreude: "Aaaahhh! – Maria Mariaaaaaaaaaaaaaa" zum Mitsingen. Außerdem das hochenergetische "Soul Sacrifice", "Jingo", ein "Paint It Black"-Zitat vor "Black Magic Woman", der Grammy-Abräumer "Smooth", der Oldie "Oye Como Va", Cover-Versionen: John Coltranes "A Love Supreme", Etta James’ "I Just Want To Make Love To You", "Roxanne" von The Police, ein lässig an den Keyboards eingestreuter Walzer und und und ...

Das erst heuer im April erschienene neue Album "IV", eine Fortsetzung von "III", knüpft nahtlos an die Latinrock-Sounds alter Zeiten an.

Und wie oft hat "Don Carlos" schon "Black Magic Woman" gespielt? Er weiß es nicht. Er weiß nur: "Jedes Mal, wenn ich die alten Lieder spiele, sollen sie sich anfühlen wie mein erster Kuss."

Tatsächlich gehen die betagten Evergreens auch nach weit mehr als 40 Jahren noch nicht am Stock, als hätte Santana ein Rezept für ewige Frischegarantie gefunden.

Dazwischen fordert er auf, sich eine Welt "ohne Angst, ohne Gewalt, ohne Ignoranz" vorzustellen: "FBI, Pentagon, CNN ... Change the world!"

Ein schöner Traum. Mehr Chancen auf Realisierung hat vermutlich Santanas Appell, am zwischenmenschlichen Glücksgefühl, am Zustand der Harmonie zu arbeiten: "Make somebody happy."

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