"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"
Am Mittwoch verhandelt Minister Josef Ostermayer, ob die Sammlung Essl vom Bund gekauft wird. BauMax-Gründer Karlheinz Essl über den Wert seiner Kunstsammlung.

KURIER: Herr Essl, Sie kämpfen um Ihr Lebenswerk und das gleich an zwei Fronten – einerseits um bauMax, andererseits um Ihre Sammlung. Wie schwer wiegt das auf Ihren Schultern?

Karlheinz Essl: Es geht an die Substanz, weil die Verantwortung gegenüber den Künstlern und den 4000 bauMax-Mitarbeitern allein in Österreich groß ist. Aber ich bin so optimistisch, dass wir alles retten werden. bauMax war lange Zeit eine Erfolgsgeschichte, auch das Museum ist sehr gut geführt. Wir waren nie eine Familie, die viel Reichtum angesammelt hat. Wir haben das Geld in die Firma und in die Kunst gesteckt. Der Staat hätte ja auch österreichische Kunst kaufen können. Diese Lücke konnten wir zum Glück ausfüllen, die sonst nicht nachzuholen gewesen wäre. Kunst muss man erstehen, wenn sie entsteht. Später wird es teuer und die besten Werke sind weg.

bauMax kämpft schon seit Längerem mit finanziellen Schwierigkeiten. Wann war der Moment da, wo Sie gesagt haben, jetzt reiße ich ein Stück aus meinem Herzen und biete die Sammlung zum Verkauf an?

Diese Entscheidung ist in den letzten Wochen passiert. Der Schritt ist mit der gesamten Familie akkordiert. Unser Wunsch wäre, wenn der Staat die Sammlung übernimmt, dass wir eine gemeinnützige Stiftung gründen, wo wir gleichberechtigt drin sind. Es wäre schön, wenn wir das Museum weiterführen könnten wie bisher.

Das Ehepaar Essl zeigt Herzstücke der Sammlung

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"

Wollten Sie nicht Ihre Sammlung bereits vor zwei Jahren in eine gemeinnützige Stiftung einbringen, um sie vor dem Zugriff der Banken zu schützen?

Die Kunst war nie mit bauMax in Verbindung, allerdings mit der Fritz Schömer GmbH, wo das gesamte Immobilienvermögen enthalten war. Ich habe die Immobilien in bauMax eingebracht, um das Unternehmen zu stützen. Die Kunst wurde in die Sammlung Essl Kunstverwaltungs GmbH eingebracht. Unser Plan war es, die Kunst für alle Zeiten in eine private Stiftung einzubringen, damit sie für die folgenden Generationen erhalten bleibt.

"Meine Sammlung ist eine Investition in die Zukunft"
Wie groß soll der Erlös sein, wenn Österreich die Essl-Kunstsammlung kauft? Der Buchwert liegt bei 86 Millionen Euro …

Allein diese kolportierte Zahl gibt eine Ahnung davon, wie viel Geld wir in den letzten 40 Jahren in die Sammlung investiert haben. Die tatsächliche Zahl will ich erst am runden Tisch nennen. Natürlich ist die Sammlung viel mehr wert, aber das ist eine Frage der Verhandlung mit dem Staat. Aber allein, wenn diese 86 Millionen Euro in den Baumarkt fließen, hätten wir eine ordentliche Rekapitalisierung.

86 Millionen Euro würden reichen, um bauMax mit einem Schuldenberg zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro wieder in Schwung zu bekommen?

Das wäre das Mindesterfordernis. Ich hoffe, dass man noch etwas Besseres herausverhandeln kann. Aber es wäre schon ein ordentlicher Zuschuss für bauMax. Was den Schuldenstand betrifft: Da wird im Moment alles zusammengeworfen. Die Zahlen, die nun kolportiert werden, sind so berechnet, wie wenn alles weg wäre. Aber dem gegenüber stehen auch noch riesige Immobilienwerte.

Wird es bauMax nur mehr in Österreich geben?

Wir werden uns auf die Kernländer reduzieren. In Türkei und Rumänien ist es schon fix, dass die Baumärkte geschlossen werden. Der Plan ist, dass die Restrukturierung bis 2016 abgeschlossen sein wird. Da wollen wir auch wieder in die Gewinnzone kommen, weil die Verlustländer abgestoßen sind. Die Heimatländer sollen unangetastet bleiben.

Es gibt die Hypo-Krise, das Burgtheater kämpft mit Problemen. Ist es nicht der schlechteste Zeitpunkt, um Ihre Sammlung dem Staat anzubieten?

Den Zeitpunkt kann man sich leider nicht aussuchen.

Wie geht es Ihrem Sohn mit der drohenden Pleite? Er hat das Unternehmen in den letzten 15 Jahren geführt …

Man kann meinem Sohn keine Schuld in die Schuhe schieben. Er hat das Unternehmen seit 1999 operativ geführt und war erfolgreich. Noch 2007, ein Jahr vor der Krise, hatten wir das erfolgreichste Jahr in der Firmengeschichte. Die Weltwirtschaftskrise hat Osteuropa sehr stark betroffen. In Deutschland und Österreich haben wir die Krise ganz gut überwunden. Als der Ost-Boom da war, sind Investoren aus den USA oder England in den Osten gegangen. Aber als die Krise plötzlich da war, haben sie sofort ihre Investments aus dem Osten abgezogen. Das ist, wie wenn man zu viel Blut verliert und plötzlich ins Koma fällt. Da waren keine Ressourcen mehr da. Damit konnte keiner rechnen.

War die Expansionswut zu groß?

Das kann man nicht als Wut bezeichnen. Um ein Einkaufsvolumen zu haben, damit man niedrige Preise gestalten kann, braucht man europaweit eine gewisse Größe. Natürlich kann man im Nachhinein sagen: Warum seid ihr in die Türkei oder nach Rumänien gegangen. Wir waren nicht die Einzigen. Alle leiden heute. Schauen Sie an, welche Abschreibungen die Banken haben.

Die Skepsis der Museumsdirektoren, etwa von Agnes Husslein, gegenüber eines Kaufs der Sammlung ist groß. Wie wollen Sie den Widerstand entkräften?

Diese Aussagen muss man mit Distanz betrachten. Die Direktoren jammern alle, dass sie seit Jahren kein Budget für Ankäufe bekommen. Das finde ich auch nicht gut. Nur eines ist sicher: Ob unser Museum übernommen wird oder nicht, hat nichts mit den Museumsdirektoren zu tun. Ihr Budget wird deswegen nicht mehr oder weniger werden. So gesehen betrifft sie der Ankauf der Sammlung kaum. Das Problem ist, dass die Museen in den letzten 50 Jahren nur peripher zeitgenössische Kunst ankaufen konnten. Da wurde ein Mal ein Mikl, ein Rainer und dort ein Staudacher gekauft. Aber das sind ja keine Dokumentationen eines Künstlers, der doch mehrere Schaffensperioden hat. Wir haben alle Entwicklungen von allen wichtigen österreichischen Künstlern seit 1945 in unserem Museum. Meine Frau und ich haben immer versucht, in die Tiefe zu sammeln, wir haben Künstler 40 Jahre lang begleitet. Die Lücke, die in den Museen entstanden ist,wäre mit unserer Sammlung geschlossen. Das ist unbestritten.

Wie erklärt man einem Österreicher, der 1500 Euro netto verdient und kein Faible für Kunst hat, dass er neben der Hypo nun auch noch die Essl-Sammlung retten soll?

Das ist die falsche Frage. Die Kunst ist das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft. Wenn man sich die Hypo anschaut: Da ist wirklich alles versenkt worden und da werden Milliarden verpufft. Wenn wir vier Promille der Hypo in die Kunst stecken, ist das ein substanzieller Gewinn für die kommenden Generationen. Das ist eine Investition in die Zukunft. Wenn man jetzt argumentiert, dass wir uns das nicht leisten können, muss man sich schon die Frage nach der Wertigkeit stellen.

Wenn Österreich nicht Ihre Sammlung kauft, was bedeutet das für den Kunstmarkt?

Das könnte man sich gar nicht ausmalen. Künstlerexistenzen wären gefährdet. Es wäre ein Zusammenbruch des Marktes. So viele Werke kann der Kunstmarkt gar nicht aufnehmen.

Wie hilft Ihnen Ihr Glaube?

Kennen Sie die Geschichte von Hiob? Ihm wurde alles genommen und ihm wurde alles wiedergegeben. Wir beten zu Gott und bitten um seine Hilfe.

Das ist Ihr tägliches Ritual?

Das Gebet ist kein Ritual, sondern ein Anliegen und Bedürfnis. Das gibt uns Kraft. Deswegen können wir diese Situation relativ gut schaffen. Ich bin trotz der angespannten Lage weder frustriert noch deprimiert. Wir sehen es positiv und glauben, dass egal, was der Herr auch plant, alles ein positives Ende nehmen wird. Jeder muss einmal durch das Tal der Tränen gehen. Dadurch wächst man als Mensch auch wieder.

Hat Ihnen Ihr Glaube auch eine andere Einstellung zu Reichtum gegeben?

Bescheidenheit und Demut ist uns wichtig. Wir haben nie geprotzt, dass wir die Sammlung haben. Wir sind die Fassung eine Ringes. Der Diamant ist das Kunstwerk. Wir hatten die Möglichkeit, diese Werke zu bewahren.

Die Probleme der bauMax-Kette könnten die Republik Österreich auch ohne einen Ankauf der Kunstsammlung teuer zu stehen kommen: Aufgrund eines 2009 beschlossenen Gesetzes zur Liquiditätssicherung von Unternehmen haftet der Bund im Fall einer Insolvenz nämlich mit 72 Millionen Euro für Kreditausfälle, berichtet der Standard.

Diese Verflechtung wird am runden Tisch am kommenden Mittwoch gewiss eine gewichtige Rolle spielen. Kulturminister Josef Ostermayer hat mehrfach betont, dass ihm zuallererst die Sicherung der 4000 Arbeitsplätze bei bauMax in Österreich am Herzen liege. Einen Ankauf der Kunstsammlung könnte der Minister keinesfalls aus dem Kulturbudget allein bestreiten. Offen ist derzeit noch, zu welchen Konditionen die Banken bereit sind, auf einen substanziellen Teil ihrer Kreditforderungen zu verzichten. (hub)

Kommentare