Tatsächlich?
Ich habe mir im letzten Jahr das Prädikat „Mutmacherin“ erarbeitet. Aber es ist gar nicht so leicht, immer Hoffnung auszustrahlen, wenn man selber zweifelt. Mitunter musste ich mich richtig dazu zwingen. Andernfalls wären sofort die Mitarbeiter auf mich zugestürmt: „Glauben Sie, dass wir nicht spielen können?“ Daher bin ich jetzt wirklich im Glück.
Es sind zwar bis zu 1.500 Besucher möglich, aber nur bis zu maximal 50 Prozent der Saalkapazität. Sind die Pfingstfestspiele dann noch wirtschaftlich sinnvoll?
Diese Regelung ist hart. Bei der Budgeterstellung sind wir von einer Zweidrittelbelegung ausgegangen. Für die 50-Prozent-Regelung werden wir wahrscheinlich wieder auf das Schachbrettmuster des vergangenen Sommers zurückkehren. Das kostet uns leider Geld, aber die Besucher fühlen sich wohl und sicher. Entschieden ist das aber noch nicht.
Das Oratorium soll im eher kleinen Haus für Mozart aufgeführt werden. Könnten Sie nicht auf das Große Festspielhaus ausweichen?
Nein, der Händel wurde von Regisseur Robert Carsen sehr einfallsreich für dieses Haus konzipiert.
Droht ein Defizit? Oder hilft die öffentliche Hand aus?
Wir hoffen sehr, dass wir den Schutzschirm, den Ministerin Elisabeth Köstinger und Staatssekretärin Andrea Mayer dankenswerterweise für die Kultur ausgehandelt haben, nicht brauchen. Aber wir dürfen kein Geld von den Festspielen im Sommer für Pfingsten verwenden. Es ist daher ein großes Glück, dass Cecilia Bartoli Rolex als Sponsor gewonnen hat. Und selbst wenn es ein Defizit geben sollte: Die Freude überwiegt. Denn es wäre kein gutes Zeichen, wenn wir Pfingsten zweimal hintereinander absagen müssten. Festspiele haben ein fixer Punkt im Kalender zu sein. Und das ist Cecilia Bartoli geglückt: Pfingsten ist ein Juwel, das von sich aus strahlt – und nicht die kleine Schwester der Festspiele im Sommer.
Auch bei den Pfingstfestspielen treten viele internationale Künstler auf. Wie soll das bei den derzeitigen Reisebeschränkungen gehen?
Die Salzburger Festspiele sind das größte Festival klassischer Musik. Unsere Trumpfkarte ist normalerweise, dass wir Menschen aus 80 Ländern, darunter 35 außereuropäischen, als Gäste und Künstler aus 60 Ländern haben. Aber sie ist jetzt unsere Achillesferse. Das gilt auch für die Pfingstfestspiele. Ein Orchester, das aus England kommt, muss nach dem Auftritt in Salzburg in Quarantäne. Wie wir das lösen? Ich weiß es noch nicht. Aber eines weiß ich: Alle Künstler wollen kommen! Auch Zubin Metha, der am 29. April seinen 85. Geburtstag feiert, und das Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino.
Noch im Mai will die Regierung die Bedingungen für den Sommer bekannt geben. Was erwarten Sie?
Das Wort „Normalisierung“ wagt man ja gar nicht in den Mund zu nehmen. Wir haben jetzt das Impfen, das Testen, die FFP2-Masken – und daher eine viel größere Sicherheit als letztes Jahr. Für den Sommer erwarte ich mir daher eine möglichst große Belegung der Säle und praktikable Lösungen für den Eintritt. Es kann ja nicht sein, dass an der Türe die personalisierte Karte, der Identitätsausweis und auch der grüne Pass kontrolliert werden müssen! Die Besucher sollen sich nicht vor der Bürokratie fürchten müssen, die sie vor den Kulturstätten umfängt!
Die Sorge, dass es zu Ansteckungen kommen könnte, teilen Sie nicht?
Alle Untersuchungen haben bewiesen, dass man sich in einem Saal wie dem Großen Festspielhaus mit einer Quelllüftung eigentlich nicht anstecken kann. Wenn man eine FFP2-Maske trägt. Aber es stimmt natürlich: Der Weg zur Veranstaltung und zurückkann ein Risiko darstellen.
Wie läuft der Kartenverkauf?
Über alle Erwartungen gut. Wohl auch deshalb, weil das Vertrauen unserer Gäste hoch ist. Letztes Jahr gab es keinen einzigen positiven Covid-Fall – bei 76.000 Besuchern und 3.000 Mitwirkenden und Mitarbeitern.
Haben Sie zusammen mit Intendant Markus Hinterhäuser und mit Lukas Crepaz, dem kaufmännischen Direktor, auch schon einen Plan B oder C ausgearbeitet?
Markus hat bereits im letzten Spätherbst, vor der Veröffentlichung des Programms für 2021, einige Projekte geopfert. Jetzt denken wir nicht mehr in Alternativen. Wir glauben daran, dass wir unser Programm im Sommer spielen werden!
Es wird tatsächlich Ihr letzter Sommer als Präsidentin?
Ganz sicher. Aber ich verstehe, wenn Sie mir nicht ganz glauben. Dieser Sommer wird meine 27. Saison sein – und mein Vertrag wurde x-mal verlängert. Ich bin aber trotzdem nicht am längsten im Amt. Heinrich Puthon war von 1926 bis 1960 Präsident… Dennoch: Auch wenn ich die Kraft hätte weiterzumachen, ist der Zeitpunkt der richtige. Denn Markus Hinterhäuser und Lukas Crepaz sind ein exzellentes Team.
Wäre es nicht an der Zeit, sich auf die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger zu machen?
Die Ausschreibung wird am 1. September veröffentlicht – unmittelbar nach Ende der Festspiele. Das ist eine schöne Geste mir gegenüber. Denn es wäre für mich nicht gerade lustig, im Sommer eine „lame duck“ zu sein. Und das Programm macht ja nicht der Präsident, sondern der Intendant.
Umgekehrt: Wer auch immer Präsident wird, Sie werden für die Salzburger die Präsidentin bleiben.
Das kann schon sein. Und ich gebe zu: Es ist schön, dass ich so unangefochten bin. Am Anfang war ich das ja nicht. In den letzten Jahren sah ich meine Rolle auch darin, anderen Frauen Mut zu machen: Trau dich was – dann traut man dir was zu!
Sie werden vielleicht in Pension gehen, aber sicher nicht in den Ruhestand.
Das kann ich mir auch nicht vorstellen. Aber ich habe keine Zeit, mir Gedanken über die Zukunft zu machen. Ein Buch schreiben? Ich habe mehrere Angebote, aber ich glaube nicht, dass ich das tue.
Obwohl Sie einst Journalistin waren. Und ein anderes Festival leiten?
Ich will nicht arrogant erscheinen. Aber mein Vater, Gerd Bacher, sagte, als man ihm nach seiner Zeit beim ORF den Aufsichtsrat bei SAT.1 angeboten hat: „Ich hatte die größte Orgel des Landes. Ich werde nicht die Blockflöte spielen.“
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