"Wien hat echte Dekadenz"

Rufus Wainwright, Sohn von Laudon Wainwright III und Kate McGarrigle, tritt heute im Wiener MQ auf. Karten gibt es an der Abendkasse
Rufus Wainwright über die Oper, betrunkene Auftritte und Robbie Williams.

Nur mit Klavier – und hin und wieder unterstützt von seiner Schwester Lucy – präsentiert Rufus Wainwright heute, Freitag, im Wiener Museumsquartier sein jüngstes Album "Out Of The Game". Ein Konzert, auf das er sich als Wien-Fan besonders freut.

KURIER: Das Album "Out Of The Game" ist mit einem großen Orchester aufgenommen. Wie schwierig ist es, diese Songs auf das Piano zurückzuführen?

Rufus Wainwright: Ich war immer schon der Meinung, dass die Kunst beim Songschreibens ist, dass Lieder auch in dieser reduzierten, intimen Interpretation großartig klingen. Ich bin ein großer Schubert-Fan und ich finde, er hat das mit seinen Liedern sehr deutlich gemacht.

War die klassische Musik Ihre erste musikalische Liebe?

Meine Mutter (Anm: Die kanadische Folksängerin Kate McGarrigle) war eine fantastische Pianistin. Sie spielte jeden Morgen die "Goldberg-Variationen" von Bach. Die wurden geschrieben, um Goldberg in den Schlaf zu wiegen, aber meine Mum weckte uns damit auf! Sie hatte also einen starken Bezug zur Klassik, und so war das in meiner Kindheit präsent. Aber nicht so sehr wie Folk und populäre Musik. Erst als ich 14 war, wurde ich ein Verdi-Fanatiker – und dadurch ein Opern-Fan.

Wann waren Sie das erste Mal in der Wiener Oper?

Ich muss so um die 23 gewesen sein – als ich mit meinem ersten Solo-Album in Wien aufgetreten bin. Das war sehr aufregend. Und ich war beim Auftritt stockbesoffen und sehr verwirrt.

Weil Sie so aufgeregt waren?

Nein, nein. Das war die Zeit, wo ich häufig besoffen war. Aber ich liebe Wien. Das Schöne daran ist diese gute Mischung aus der einerseits etwas steifen und konservativen, und andererseits sehr entspannten Atmosphäre. Es gibt bei euch eine echte Dekadenz.

Sie haben vorhin über die Magie von Songs gesprochen. Ich finde, dass die bei Ihnen auch aus einer kompromisslosen Ehrlichkeit kommt.

Der andere Komponist, der meiner Meinung nach das Konzept des Songs auf den Punkt gebracht hat, war Beethoven. Nämlich indem er sinngemäß sagte: "Was aus dem Herzen kommt, geht ins Herz." So schreibe ich über meine Eltern, meine Ehe, mein Kind, meine Geschwister und dieses verrückte Leben. Es gibt andere Songwriter, die gut sind und mit anderen Methoden arbeiten. Aber ich kriege meine Inspiration aus der Realität. Die ist surreal genug.

Auch wenn Sie Musik zu Shakespeares Sonetten oder die Oper "Primadonna" schreiben?

Auch da steckt immer etwas von mir drinnen. Bei "Primadonna" sogar sehr viel. Schon alleine die Basis der Story mit dem Journalisten, der die Künstlerin verführt. Das war aus meinem Leben. Und zum Schluss, wo es um das Ende der Karriere und vielleicht auch um das Ende des Lebens geht – das hatte eindeutig mit dem Tod meiner Mutter zu tun.

Sie sagen, dass Sie "Out Of The Game" ohne Ihre Mutter mit einer anderen Einstellung geschrieben haben. Wie hat sich die Einstellung verändert?

Ich hatte nach dem Tod meiner Mutter zwar das Gefühl, dass ihre Seele noch da war, sie mir immer noch zuhörte. Aber in der Realität konnte ich sie nicht mehr anrufen und um ihre Meinung fragen. Ich war immer ein richtiger Mama-Bub, und was sie dachte, hat mich stark beeinflusst. Als sie gegangen war, musste ich nicht mehr sie zufriedenstellen, sondern mich selbst. Das fiel mir anfangs schwer, hat mich aber sicher ein Stück härter und weiser gemacht.

Sie haben mit Robbie Williams den Song "Swings Both Ways" geschrieben und aufgenommen. Wie kam es dazu?

Robbie ist nicht nur unglaublich erfolgreich, sondern weiß auch alles über die kleinen Details der komplexen Pop-Geschichte. Seit Jahren habe ich von Business-Insidern oder in seinen Interviews immer wieder gehört, dass er ein Fan von mir ist. Und jetzt hat er mich endlich angerufen. Das Schöne daran war, dass er ein wirklich liebenswerter Kerl ist.

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