Rückkehr zu den schneeweißen Elfen
Das Land Osten Ard war eine Inspiration für "Game of Thrones". Hat George R.R. Martin selbst gesagt und seinen kalifornischen Kollegen Tad Williams hochleben lassen. Das war sehr freundlich von Martin. Er hätte ja auch einfach sagen können, Tolkien habe ihn beeinflusst
Denn Osten Ard ist ähnlich mittelalterlich und – abgesehen von japanisch klingenden Namen – europäisch wie Mittelerde / wie Westeros: mit Elfen, Trollen, Zwergen und Menschen.
Vier Romane sind vor gut 20 Jahren erschienen, die Serie hieß auf Deutsch "Das Geheimnis der Großen Schwerter", und mit Verspätung hat sich Tad Williams für die Fortsetzung entschieden.
Als Neueinstieg in diese Fantasy-Welt ist "Das Herz der verlorenen Dinge" harter Tobak:
Yaarike schüttelt den Kopf, er ist froh, dass die Sänger eine Anführerin wie Tzayin-Kha haben, Yaarike ist der Großmagister vom Orden der Bauleute, wir lauschen ihm, wenn er mit dem Verbandskommandeur Hayyano redet, der Näheres über die Wirrwurzelfeste erfahren will ... aber WIESO KÖNNTE DIE NORNEN-KÖNIGIN UTUK’KU DIE URGROSSMUTTER ASMERASMUS’ SEIN?
Hexenholz
Genau das macht Tad Williams aus: die Detailverliebtheit. Dass schneeweiße Elfen von Menschen (= von den Rimmersleuten mit ihren Eisenwaffen) verdrängt und getötet werden, haut niemanden mehr vom steinernen Thron.
Aber wie hier ohne Hast kleine neue Ideen entwickelt werden und sei es nur ein Extrakt der Hexenholzrinde, das erfreut oder ein Verjüngungsschlaf, dessen sich sehr alte Unsterbliche bedienen – das zeichnet die Saga aus.
Immer auf die Gefahr hin, dass es langweilig werden könnte.
Dass es dieser Schriftsteller auch anders kann, turbulenter nämlich, bewies er zuletzt mit dem Dreiteiler um den Engel Bobby Dollar bzw. Doloriel, dessen Job es ist, die eben Verstorbenen zu verteidigen, damit sie in den Himmel kommen.
Einmal hat ein deutscher Engel einen schlechten Witz gemacht, und Bobby Dollar reagierte: "Ich war in der Hölle. Und wissen Sie was? Die Komiker dort waren alle Deutsche."
Er war wirklich in der Hölle. Im Gegensatz zum Himmel, wo auch korrupte, scheinheilige Typen "leben", gelingt in der Hölle manchmal sogar ein altmodischer Vertrag per Handschlag. Vor allem aber gibt es da "unten" eine Dämonin, die nicht Reißzahn trägt und Horn.
Sondern ein knallpinkes Designer-T-Shirt. Sie ist der beste Beweis, dass man auch im hohen Alter, also so mit 800 Jahren, sehr gut aussehen kann.
Tad Williams:
„Das Herz der verlorenen Dinge“
Übersetzt von
Cornelia
Holfelder-von der Tann.
Klett-Cotta.
380 Seiten.
20,60 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
Kommentare