Mit „seinem“ Orchester, dem Maggio Musicale Fiorentino, dessen Chefdirigent er von 1985 bis 2017 war.
Mit Anton Bruckners neunter Symphonie in d-Moll und mit einem nicht nur hierzulande bekannten Konzertmeister: Rainer Küchl, ehemaliger Konzertmeister der Wiener Philharmoniker (nun im musikalischen Unruhezustand), führte mit Mehta das Orchester aus Florenz souverän durch Bruckners so herrliche Klangwelten.
Was zu sehen und zu hören war: Zubin Mehta geht sehr schwer, dirigiert naturgemäß im Sitzen, benötigt jedoch keine Partitur, um dieses transzendentale Werk vollendet zu gestalten. Denn der gebürtige Inder war nie ein Showman, wie so manch anderer, heute unfassbar gehypte Dirigent. Bei Mehta ging und geht es immer um die Seele der Musik, um den Inhalt eines Werkes, nicht um manische Selbstdarstellung oder pure Eitelkeiten.
Mit kleinen, sparsamen Gesten entwickelte der Maestro denn auch Bruckners letztes, unvollendetes, weil dreisätziges Werk. Da durften die Streicher (auch Küchl in seinen Soli) glänzen, da waren die Bläser überaus kompakt und sehr gut einstudiert. Beeindruckend, wie hier die langsamen Passagen ausgespielt wurden, wie Mehta die Melodik Bruckners auskostete. Da wurden unendlich viele Nuancen hörbar, ohne dass die Grundspannung verloren ging. Und das Finale? Man konnte sehen, wie bewegt der Dirigent war. Standing Ovations nach einem Moment völliger Stille. Peter Jarolin
Zwei Opern und sehr viele exzellente Einspringer
Frank Castorfs bildmächtige Inszenierung von Charles Gounods „Faust“ an der Wiener Staatsoper ist ein Beispiel für großes Musiktheater. Der Regie-Gigant verlegt die Geschichte ins Paris zur Zeit der Algerienkriege. Die präzise Personenführung sollte geprobt sein. Da ist alles aufeinander abgestimmt, auch die Großaufnahmen mit Live-Kameras.
Das konnte Titeldarsteller Francesco Demuro nicht, er ist kurzfristig für Stephen Costello eingesprungen.
Chapeau, wie schnell er sich zurechtfindet. Sein sanfter Tenor verfügt über ein sehr schönes Timbre, exzellente Phrasierungen. Rachel Willis-Sørensen besticht als Marguerite mit ihrem expressiven Sopran. Ganz verinnerlicht gestaltet sie die Ballade vom „Roi de Thule“, da klingt ihre Stimme ganz dunkel. Am Ende geht sie ganz aus sich heraus.
Roman Palka eignet sich die Rolle des Mephistophelès immer besser an. Étienne Dupuis ist ein phänomenaler Valentin. Margaret Plummer ergänzt solide als Siebel, Monika Bohinec als Marthe. Ilja Kazakov lässt mit seinem wohlklingenden Bass als Wagner aufhorchen. Makellos der Chor der Wiener Staatsoper. Bertrand de Billy lässt Sinnlichkeit und Dramatik dieser Partitur spüren und lädt zum Schwelgen im philharmonischen Klang ein. Viele Bravos.
Den Glanz auf die Serie von Giuseppe Verdis „Nabucco“ hätte Anna Netrebko als Abigaille bringen sollen. Eine Schulteroperation verhinderte aber den einzigen Auftritt der Star-Sopranistin in dieser Spielzeit. Trotzdem ist diese Aufführung alles andere als belanglos. Hausdebütant Amartuvshin Enkhbat, diesen Namen sollte man sich merken, ist eine Entdeckung, was seine Stimme betrifft. Der Bariton lässt in der Titelrolle aufhorchen.
Das Darstellerische ist bei ihm noch ausbaufähig, aber singen kann er. Ein samtenes Timbre, Flexibilität in der Stimme, alles da, was ein Verdi-Sänger braucht.
Maria José Siri debütierte als Abigaille. Eine Sopran-Gigantin mit enormer Expressivität war da zu hören, die auch in den lyrischen Passagen überzeugt.
Vortrefflich der Tenor Massimo Giordano, der als Ismaele eingesprungen war. Roberto Tagliavini begeistert als Zaccharia mit seinem ausdrucksstarken Bass. Szilvia Vörös ist eine hausbackene Fenena. Dan Paul Dumitrescu ergänzt sehr gut als Oberpriester des Baal.
Souverän der Chor der Wiener Staatsoper, bewegend das „Va pensiero“. Bei Paolo Carignanis Dirigat wären präzisere Differenzierungen kein Nachteil. Günther Krämers verstörende Inszenierung funktioniert ungebrochen. Jubel. Susanne Zobl
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