Fernsehen für Kinder hört heute dank Streaming nie auf. Dafür kann man gezielt Gutes schauen, oder?
Ich sehe auch in meinem Bekanntenkreis, dass Kinder gerne die alten Filme sehen. Langsamer geschnittene. Diese Manga-Ästhetik mit ihren schnellen Schnitten ist für Kinder zu fordernd. Sie werden dann auch nervös. Und wollen immer weiterschauen.
Wird „Draculino“ ein Gegenprogramm?
Das wird langsamer. Und ein Realfilm, keine Animation. Was ich ein bisschen traurig finde, ist, dass auch beim Hörspiel – mein Metier, das ich sehr gerne mache – alles nur noch über Download läuft.
Was ist der Nachteil?
Es gibt keine physischen CDs mehr. Das finde ich sehr traurig, weil das Taktile fehlt. Auch bei Erwachsenen! Es ist etwas anderes, eine CD in der Hand zu halten, mit einem Büchlein, in dem es Texte und Bilder gibt, als es einfach nur herunterzuladen. Das ist psychologisch nicht gut.
Sind Sie froh, dass Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg damals entworfen haben – und nicht im heutigen Umfeld?
Auf jeden Fall! Das wäre so im heutigen Umfeld gar nicht mehr möglich. Es würde kein Produzent oder Sender kaufen, weil sie es altmodisch fänden. Interessant ist aber, dass der Erfolg immer noch groß ist. Genau nach dieser Art von langsamer Heile-Welt-Unterhaltung besteht immer noch ein Verlangen, ein Bedürfnis.
Aber die Themen sind überhaupt nicht altmodisch! Benjamin Blümchen ist so etwas wie der erste Grüne. Und bei Bibi geht es stark um Emanzipation. Ist es nicht eher erstaunlich, dass diese Themen immer noch so wichtig – und so ungelöst sind?
Ja! Ich habe damals in den 70ern mit diesen Themen begonnen, mit Benjamin auf dem Baum und der widerspenstigen Bibi. Und gewaltfrei und nicht angsterregend. Das ist das Wichtigste. Wenn man jetzt anfängt, etwas zu schreiben, kommen oft Anmerkungen wie: „Da muss mehr Spannung her, mehr Aufregung, ein Cliffhanger!“ Das ist nicht mein Stil.
Wie sind Sie denn zum Schreiben gekommen?
Es war mir schon in der Schule klar, dass das eigentlich meine Leidenschaft und mein fast einziges Talent ist (lacht). Das war für mich auch eine therapeutische Sache, um meine Jugend zu verarbeiten, die nicht so rosig war. Und dann, mit Anfang 20, habe ich bei der APA angefangen, wo meine Mutter auch vorher war – und bin dort ins professionelle Schreiben hineingerutscht.
Und dann?
In Österreich ist es für mich nicht weitergegangen. Ich bin nach München gegangen und habe für die Boulevardpresse geschrieben. Leider. Aber das war eine sehr, sehr gute Schule! Und dann habe ich ein Kinderbuch geschrieben, „Servus, Opa, sagte ich leise“. Dafür habe ich leider keinen österreichischen Verlag gefunden. Es musste also ein deutscher sein. Und für das Buch habe ich den deutschen Jugendbuchpreis bekommen. Von da an war alles ein Selbstläufer.
Aber es kam noch Einiges vor Benjamin und Bibi.
Ja, ich habe Bücher zu sozialen Themen geschrieben. Ein Kinderbuch über den Tod. Das war damals ein Tabuthema. Und weil ich von diesen ernsten Themen einen Ausgleich gebraucht habe, habe ich dann auch ein bisschen Unsinn geschrieben. Benjamin Blümchen ist eigentlich fast als Witz entstanden.
Ein sehr erfolgreicher!
Ein sehr gescheiter Produzent hat das Potenzial erkannt – und auch das Potenzial der Kassette, die gerade neu herausgekommen war. Da konnten Kinder selbst Vor- und Zurückspulen. Das war wichtig.
Verbunden mit dem Erfolg war ein Themenwechsel?
Ich bin in diese Heile-Welt-Schiene hineingerutscht. Das war zugleich Fluch und Segen.
Warum?
Ich hatte ein sehr gutes Auskommen – und habe es immer noch. Insofern bin ich Elefant und Hexe sehr dankbar. Aber es hat mich sehr festgelegt auf diese Art von sehr leichter Unterhaltung. Meine Preise und die sozial engagierten Kinderbücher sind eher untergegangen.
Haben Sie deshalb relativ bald die Rechte an Benjamin und Bibi abgetreten?
Ja, ich war müde. Ich hatte ein Burn-out, das hatte mit dem Serienschreiben zu tun.
Es ist ein bekanntes Schicksal, dass Österreicher nur über den Umweg des Auslandes Erfolg haben. Wie geht es Ihnen mit Österreich?
Sehr gemischt. Je älter ich werde, desto mehr Heimweh habe ich. Mein Sohn lebt in Salzburg, ich bin relativ häufig dort. Und merke diese Erleichterung, in einer Gegend zu sein, wo ich mitreden dürfte. In Spanien bleibt man am Ende eine Fremde. In Österreich könnte ich mich zu Recht über alles aufregen! (lacht)
Worüber?
Über das, was sich politisch abspielt. Ich habe aber schon traurig gefunden, dass ich in Österreich nicht die Anerkennung bekommen habe.
Woran lag das?
Desinteresse. Meine Filmprojekte spielen sich alle in Berlin oder München ab. Hier in Wien kocht man dann doch immer in der eigenen Suppe. Ich möchte jetzt gar nicht groß schimpfen. Aber trotz allem freue ich mich jetzt sehr über die ROMY!
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