Rod Stewart und Jools Holland über das Album "Swing Fever"
In jenem Bett im Wiener Hotel Imperial, in dem schon Winston Churchill geschlafen hat, wird Rod Stewart die Nacht auf den 3. Juli 2024 verbringen. An diesem Abend tritt er nämlich mit seiner „One Last Time“-Show in der Wiener Stadthalle auf.
Im KURIER-Interview freut er sich schon jetzt darauf: „Ich liebe die Architektur bei euch“, schwärmt er. „Und ich liebe die vielen Antiquitätenläden. Ich hab’ vergessen, wie das Viertel heißt, wo die sind. Aber ich sammle Antiquitäten und werde sicher wieder dorthin gehen.“
Im Zoom-Gespräch soll es aber vorwiegend um das Album „Swing Fever“ gehen, das der 79-Jährige vergangenen Freitag veröffentlicht hat. Aufgenommen hat er die 13 Coverversionen von Klassikern wie „Ain’t Misbehavin’“ oder „Sentimental Journey“ mit der Big Band von Jools Holland, der ebenfalls am Zoom-Call teilnimmt.
Rod Stewart hatte den britischen Musiker und TV-Moderator vor vielen Jahren wegen der gemeinsamen Leidenschaft für Modelleisenbahnen kennengelernt. Die beiden übertreiben nicht, wenn sie sagen, ihr gemeinsames Album sei eine „Explosion der Freude“.
KURIER: War es von Anfang an Ihr Ziel, mit diesem Album Freude zu verbreiten?
Rod Stewart: Auf jeden Fall. Ich habe von Anfang an gesagt, ich will keine Balladen. Das liegt auch daran, dass ich mit meinen „The Great American Songbook“-Alben große Erfolge hatte und dafür genug Balladen aufgenommen habe. Aber wir haben immer gesagt, dass wir alle jetzt etwas brauchen, das uns in diesen dunklen Zeiten aufbaut.
Jools Holland: Es gibt so viel Trauriges um uns herum. Aber Rod sagte immer: ,Musik ist die eine Sache, die uns zusammenbringt.‘ Wenn wir sie zelebrieren, können wir gemeinsam Freude empfinden und uns so aufbauen.
Rod Stewart: Und wir selbst hatten auch beim Aufnehmen so viel Spaß. Das ist nicht selbstverständlich. Ich habe genug Alben produziert, wo ich mir die Haare gerauft habe, weil es Meinungsverschiedenheiten darüber gab, in welche Richtung es gehen soll. Selbst bei meinen Solo-Alben, wo ich alle Hebel in der Hand haben sollte. Aber da weiß man auch nicht immer, ob man gerade die richtigen Schritte macht.
Herr Stewart, stimmt es, dass Sie schon einmal ein Swing-Album aufnehmen wollten, es aber nicht geklappt hat?
Rod Stewart: Das ist richtig. Ich wollte dafür einen rauen, kantigen Sound, und den hat nur Jools’ Band geliefert. Wir haben alles live aufgenommen: 18 Musiker zusammengepfercht in Jools kleinem Studio. Das sind herausragend gute Musiker – speziell der Bassist und der Schlagzeuger. Sie kommen mehr aus dem Blues, deshalb hat das für mich so gut gepasst.
Jools Holland: Für mich war das das Beste, was mir passieren konnte. Rod hat mich am Heiligen Abend vor zwei Jahren angerufen. Ich habe mich gefreut, ihn zu hören, sagte: ,Frohe Weihnachten‘. Als er sagte, willst du ein Album mit mir machen, habe ich eine Millisekunde nachgedacht und dann Ja gesagt. Er sagte gut, ich rufe dich nächstes Jahr an. Als wir aufgelegt hatten, dachte ich, war das jetzt real oder habe ich geträumt? Und ich war sehr nervös, als wir den ersten Song aufgenommen haben.
Warum das?
Jools Holland: Eben weil meine Swing-Band im Rhythmus eher an Rock & Roll und Blues orientiert ist. Ich liebe das, aber ich wusste nicht, ob es Rod auch so geht. Und wenn nicht, können wir ihm nichts anderes bieten. Aber als Rod „Lullaby Of Broadway“, den ersten Track, den wir aufgenommen haben, hörte und dabei zu tanzen und zu singen begann, wusste ich, das passt.
Bei der Auswahl der Songs, waren Sie sich auch einig?
Rod Stewart: Wir waren uns eigentlich über alles einig. Ich habe Songs vorgeschlagen und Jools war dafür. Es gab nur einen Song, den er nicht kannte.
Jools Holland: Das war „Almost Like Being In Love“, das jetzt mein Favorit ist. Denn in der Minute, als Rod das Lied sang, hatte er es sich angeeignet. Man spürte, er meint, was er singt. Das ist eine Qualität, die nicht viele Sänger haben. Ray Charles ist einer, Frank Sinatra ein anderer.
Rod Stewart: Das ist aber ein großartiges Kompliment Jools, danke dir dafür!
Neues Album: Auf „Swing Fever“ nimmt sich Rod Stewart (79) gemeinsam mit Jools Holland und dessen Rhythm & Blues Orchestra die Klassiker der Big-Band-Ära vor. Seine Reibeisenstimme klingt zwar auf dem Album nicht mehr ganz so kräftig wie früher, ist aber immer noch unverkennbar.
Zur Person: Geboren wurde der Superstar 1945 in Nordlondon. Seine ersten großen Erfolge feierte er in den 1970er-Jahren. Der Fan des schottischen Fußballvereins Celtic Glasgow hat insgesamt acht Kinder. Mit Ehefrau Nummer drei, dem Ex-Model Penny Lancaster, geht er seit 2007 durchs Leben.
Live: Rod Stewart kommt am 2. Juli im Rahmen seiner „One Last Time“-Tour in die Wiener Stadthalle.
Wann begann denn ihre Liebe zum Swing, Herr Stewart? Sind sie auch Sinatra-Fan?
Rod Stewart: Oh mein Gott ja, wer ist kein Sinatra-Fan! Aber angefangen hat das bei mir in der Familie. Da haben sie Benny Goodman und Glenn Miller gespielt, das war so fünf oder sechs Jahre nach dem Krieg, als ich ein Kleinkind war. Ich war damals auch von Al Jolson und seinem Film „The Jazz Singer“ beeinflusst, habe mich aber später der Folkmusik zugewandt. Aber das Spannende ist, dass ich alle diese Songs kannte, sie mir aber bevor ich sie für „Swing Fever“ gesungen habe, nicht wieder angehört habe. Ich musste nicht. Denn das sind so großartig komponierte Songs, dass sie dir ewig in Erinnerung bleiben.
Gehen Sie mit der Jools-Holland-Big-Band auf Tour?
Rod Stewart: Ich möchte schon, nichts lieber als das. Aber das wird davon abhängen, wie gut sich das Album verkauft. Wir können nicht damit auf Tour gehen, wenn es kein Publikum dafür gibt.
„One Last Time“, der Titel der Tour, mit der Sie nach Wien kommen, lässt vermuten, dass Sie dabei ihre großen Hits wie „Maggie May“ oder „Da Ya Think I’m Sexy?“ singen werden, danach aber nie wieder ...
Rod Stewart: Nein, nein, nein. Diese Songs werden immer da sein, wenn es jemanden gibt, der hören will, wie ich sie singe. Aber ich habe acht Kinder und ein paar davon beschweren sich, dass sie mich nicht sehen. Ich will einfach nicht mehr zwei bis drei Monate am Stück auf Tour sein. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens damit verbracht, auf Tour zu sein und den wilden Dollars nachzujagen. Ich will jetzt etwas leisetreten und für meine Familie da sein, werde aber sicherlich weiter live singen – hoffentlich bald auch diese wunderbaren Swing-Songs.
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