Der Favoritner unter den Favoriten

Robert Seethaler
Booker International Prize: Robert Seethaler und sein Roman "Ein ganzes Leben" nehmen es mit Nobelpreisträgern auf.

Als "Ein ganzes Leben" im Sommer 2015 unter dem Titel "A Whole Life" in England erschien, lobten ihn die Zeitungen – wie es zuvor im deutschsprachigen Raum der Fall war – in den Himmel.

Eine literarische Zauberei, staunten Kritiker. Und fragten: Wie kann man ein armes, reiches Leben auf bloß 149 Seiten so verdichten? Wie kann ein Roman still sein und trotzdem diese Kraft haben? Wieso weint man?

Jetzt kommt die Nachricht: Schriftsteller Robert Seethaler aus Wien-Favoriten ist mit "A Whole Life" unter den 13 Kandidaten für den internationalen Booker-Preis 2016 (den 2009 Alice Munro gewann und 2011 Philip Roth). Dotiert ist er mit 50.000 britischen Pfund – aber besser noch: Seethalers Name steht neben jenen von Nobelpreisträgern, Orhan Pamuk ("Diese Fremdheit in mir") und Kenzaburō Ōe ("Death by Water" über den Tod des Vaters). Auch der in Graz lebende kongolesische Autor Fiston Mwanza Mujila hat Chancen.

Seethalers "Ein ganzes Leben" ist die Geschichte eines einfachen Mannes, der Schlimmes erlebt hat, aber nie lamentierte.

"Vielleicht", sagt der Autor im KURIER-Gespräch, "hat er sich die Fähigkeit bewahrt, die wenigen blühenden Momente seines Lebens im Rückblick genauso leuchtend zu erinnern, wie sie auch waren."

Robert Seethaler gibt kaum Interviews. "Ich finde, es wird sowieso zu viel geredet meistens. Und dort, wo es nötig wäre, wird wiederum zu wenig geredet." Er lebt in Berlin. Schauspieler ist er auch. In "Ewige Jugend" des Oscar-Preisträgers Sorrentino spielt er neben Rachel Weisz, Michael Caine ...

Von "Ein ganzes Leben" erschien im Jänner im Goldmann Verlag die Taschenbuch-Ausgabe (10,30 Euro). Seethalers Roman "Der Trafikant" (Verlag Kein + Aber) über Sigmund Freud und einen 17-jährigen Buben vom Land ist immer eine Empfehlung wert.

"Mein nächste Buch, wenn ich es denn schaffe, beschäftigt sich mit dem Tod. Da es über den Tod aber nichts zu erzählen gibt, handelt es vom Leben."

Kommentare