Robert Lettner: Ein wieder entdeckter Widerspenstiger

Die Assoziation mit Banksy drängt sich ein bisschen auf: Die Bilder sind teilweise mit Sprühpistole und mit Schablonen gemalt, sie zeigen Symbole des Straßenkampfes oder des Protests – einen Vermummten, Graffiti an der Wand, Waffen. Erst der Blick auf die Datierung der Werke macht klar, dass es nicht um junge Street Art geht, wie sie sich mittlerweile auch in saturierten bürgerlichen Haushalten oder den Bling-Bling-Interieurs von Rapstars breitgemacht hat: Sie entstanden zwischen 1968 und 1979 in Österreich.

Gegen die Angepassten
Ob Robert Lettner einen Vergleich mit dem populären Kunst-Anarcho abgelehnt oder begrüßt hätte, lässt sich nicht mehr erfragen, der Künstler starb 2012. Dass er ein durch und durch widerständiger Geist war, ist aber vielfach belegt. Seit seiner Kindheit politisiert – Lettner kam 1943 in einem NS-Internierungslager in Frankreich zur Welt, die Eltern waren antifaschistische Widerstandskämpfer – hielt er auch als Erwachsener harte Distanz zu allem Angepassten.
So heißt die Ausstellung, die die Kunsthändler Giese und Schweiger zum Gedenken an Lettners Geburtstag (er wäre im vergangenen Mai 80 geworden) einrichteten, also „Widerstandsbilder“: Im Zentrum stehen 14 Gemälde, die sich die Formen und die schnelle Maltechnik von Pop-Art und Agitationsbildern zunutze machen, ohne aber selbst zu agitieren. Bei Lettner sind Formen verschwommen, Körper abgeschnitten, Botschaften widersprüchlich.

Neben einem kopflosen, mit Orden beladenen russischen Offizier zeigt die Wiener Schau etwa Motive, die der Künstler Berichten über die Rote Armee Fraktion (RAF) entnahm.
„Robert Lettner spürte nie die klammheimliche Freude, die manche Linke bei den Gewalttaten der RAF empfanden“, schrieb der Publizist Peter Menasse dazu. Dass er Handgranaten und andere Utensilien der RAF in Pop-Art-Manier isolierte und als „Stillleben“ bezeichnete, sollte den Blick auf die Verfehltheit der Gewalt unterstreichen – es war aber natürlich auch Provokation. Das Werk, das seit der Albertina-Schau „The Beginning“ 2020 langsam wieder entdeckt wird, ist jedenfalls visuell vorausweisend – und gibt noch einiges zu kiefeln auf.
Bis 3. 11., Akademiestraße 1, 1010 Wien. Infos/Öffnungszeiten: gieseundschweiger.at
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