Glamour, Klamauk & Frohsinn

Es ist ein breiter Spagat, den Robbie Williams mit seiner "Swings Both Ways"-Show anstrebt: Von Swing-Klassikern über neue, selbstverfasste Swing-Songs bis zu seinen Pop-Hits. Von den 30er-Jahren zu den 90ern.

Von der glamourösen, gediegenen Eleganz eines Ballsaals zum derben Williams-Charme und seinen clownesken Einlagen, die immer leicht provozierend und schwer anzüglich sind. Und nicht zuletzt von einem anspruchsvollen Jazz-Sound hin zu konventionellem Mainstream-Pop.

Ein breiter Spagat, den Williams aber bei seinem Wien-Konzert in der Stadthalle großteils bravourös meistern konnte. Klar, sein "Orchester" (Bläser, die Pop-Band und gelegentlich von der Festplatte eingespielte Streicher) reicht nicht an die Klasse von so brillanten Ensembles wie dem einst von Frank Sinatra heran. Auch seine Stimme und sein Gesangs-Talent werden nie Rat-Pack-Niveau erreichen.

Aber Williams weiß das. Und er weiß, diese Mankos auszugleichen. Anfangs hält er sich noch an die Tradition: Bühne und Videoschirm ahmen den Ballsaal der Titanic nach. Zu den Klassikern "Puttin’ On The Ritz" und "Ain’t That A Kick In The Head" tanzt der 40-Jährige in Frack und Fliege lässige Stepp-Schritte, lässt vorerst den Drive der Musik und die Euphorie der Wiener wirken.

Eindrücke von der Show

Fingierte Hochzeit

Denn die lieben "ihren" Robbie, egal ob er swingt oder rockt, sind in bester Feierlaune gekommen und bekreischen jeden Refrain und jede Ansage des Entertainers.

Doch bald mischen sich Robbie-typische Einlagen in die Show: Bei "That’s Amore" holt er sich wie immer einen Fan auf die Bühne, diesmal für eine fingierte Hochzeit. Der auserwählten Barbara ist das nicht geheuer. Ihrem "Ja" schickt sie sicherheitshalber "Wenn’s nur fürs Showbiz ist" voraus.

In dem dramaturgisch exzellent angelegten "No One Likes A Fat Pop Star" sieht man zuerst Robbies Kopf singend aus einem Vorhang lugen und nach oben schweben, bevor der Vorhang fällt und Williams in einem Fatsuit unter der Decke hängt. Das ist einer der selbstverfassten Swing-Songs, in denen Williams perfekt seinen Hang zu Ironie und Kabarett mit der Musik verbindet.

Gänsehaut

Weniger gut funktioniert etwa das Williams-Swing-Original "Soda Pop", das mit der Musik punkten soll, aber gegen Klassiker wie "Mr. Bojangles" deutlich abfällt.

Auch beim Medley seiner Hits in Swing-Arrangements gibt es Unterschiede: "Candy" klingt so sehr gut, "Come Undone" dafür richtiggehend enttäuschend.

Die 15.000 Fans in der Stadthalle stört das alles nicht. Weil Robbie zwischendurch mit denen in der ersten Reihe plaudert – natürlich so schlagfertig, dass es die ganze Halle unterhält. Weil er sagt – und meint – dass er Wien liebt. Weil dann das Alicia-Keys-Cover "Empire State Of Mind" kommt – packend interpretiert von einer Backing-Sängerin – und in "New York, New York" übergeht.

Das reißt auch die Leute auf den Rängen von den Sitzen. Zumal Robbie dabei einmal mehr zeigt, wie souverän und lässig er sich im Swing-Genre bewegen kann.

Und dann kommt "Angels". Diesen eigenen Klassiker lässt Williams auch in der Swing-Show so wie er ist – sodass er der übliche Triumphzug mit Massenchor, Gänsehaut und vielen feuchten Augen wird.

Die Show Ausgewogene Mischung aus unterhaltendem Klamauk und mitreißender Musik, die von der ersten bis zur letzten Sekunde Spaß macht. Nach einem Duett mit Papa Pete fehlte eigentlich nur "Mack The Knife" oder "Something Stupid" als Zugabe.

Die Musik Was Williams an gesanglichen Fähigkeiten fehlt, macht er durch seine offensichtliche Liebe für die Klassiker, den souveränen Umgang mit dem Swing-Genre und seine hervorragenden Entertainer-Qualitäten wett.

KURIER-Wertung: