Rihanna: Mutig, eigensinnig und düster

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Nach einem Internet-Missgeschick erschien jetzt das seit einem Jahr erwartete Rihanna-Album "Anti".

"Ich wollte für ,Anti‘ Songs haben, die ich auch in 15 Jahren noch singen kann", erklärte Rihanna Ende vorigen Jahres in einem MTV-Interview, als sie gefragt wurde, warum das Album, dessen Titel seit zehn Monaten feststand, noch nicht erschienen ist.

Jetzt ist es auf dem Markt (zunächst als Download, ab 5. Februar auch als CD) und zeigt, was Rihanna unter zeitlosen Songs versteht: Einen Sound mit düsterer Stimmung und mehr Anleihen in der elektronischen Alternative-Szene als im Pop. "Anti" in jeder Hinsicht – gegen die Erwartungen, gegen aufpeitschendes Tempo, gegen die bisherige Karriere.

Insofern ist es kein Wunder, dass die Tracks, die Rihanna voriges Jahr als "Vorab-Singles" angekündigt hat, auf "Anti" gar nicht mehr drauf sind. Die poppige, auf akustischer Gitarre beruhende McCartney/Kanye-West-Kooperation "FourFiveSeconds" hätte genauso wenig in diese Kollektion gepasst, wie das rabiate "Bitch Better Have My Money" und das politische, aber in den Charts schwächelnde "American Oxygen".

Lehrstück

Aber nicht nur wegen Vorab-Singles, die keine waren, und immer wieder angekündigten (und verschobenen) Release-Dates scherzt man im Internet jetzt darüber, dass die Veröffentlichungskampagne von "Anti" ein Lehrstück darin ist, wie man es nicht machen soll. Auch die jetzt so plötzliche Ankunft des achten Studio-Albums der 27-Jährigen scheint mehr Unfall als Plan gewesen zu sein. Es heißt, dass das Album versehentlich zu früh auf der Plattform "Tidal", an der Rihanna Anteile hält, hochgeladen wurde. Es wurde zwar schnell wieder runtergenommen, aber da hatte es schon jemand gekauft und verbreitet. So wurde es doch wieder offiziell zur Verfügung gestellt.

"Es wäre leicht, ein Album voll guter Songs zu machen", sagte Rihanna 2015, wenn man sie fragte, warum sie "Anti" immer wieder überarbeitete. "Ich aber will eines, das eine Reise anbietet. Die Songs müssen zusammen Sinn machen." Das hat die in Barbados geborene Sängerin hiermit geschafft. Und gleich der erste Track "Consideration" ist ihr Statement dazu: "Ich muss die Dinge auf meine Art machen", singt sie da. "Wirst du mich je lassen? Wirst du je zulassen, dass ich mich weiterentwickle?"

Der dumpfe Bass und der stolpernde Rhythmus, die das begleiten, setzen eine nachdenkliche Atmosphäre, die sich durch die ganze Platte zieht. "Woo" beginnt mit eckigen Gitarren, bevor elektronische Sounds bedrohlich gurren und murren und den Gesang mehr und mehr zuschütten.

Mystisch

Highlights im ersten Teil sind das vernebelt-jazzige "James Joint" und das mystisch-wuchtige "Desperado". Im zweiten Teil klingt "Anti" eingängiger, aber nicht unbedingt fröhlicher. Die beherrschenden Themen sind Einsamkeit, innere Leere und die Schrammen der Liebe. Oder ihre unheilbaren Wunden: Denn der Old-School-Soul-Track "Love On The Brain" handelt offenbar vom prügelnden Ex Chris Brown. Und "Close To You" ist eine sehnsüchtige Klavierballade, die an Pink erinnert.

Wird man all das in 15 Jahren noch hören? Die Highlights vielleicht. Aber dazwischen gibt es Füller, denen bei makelloser Produktion und mutig-atmosphärischen Arrangements eine gewinnende Melodie fehlt, die sich so lange frisch halten kann.

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