Das Scheitern eines Ehepaars geht weiter
Das Universum des Scheiterns (das immer auch sein eigenes Scheitern ist) dehnt sich noch ein bissl aus:
"Eine strahlende Zukunft" ist der vorletzte Roman, den der New Yorker Richard Yates in den immer seltener werdenden "trockenen" Momenten geschrieben hat.
Es ist auch der vorletzte Roman, der in deutscher Übersetzung herausgebracht wird. (Yates’ allerletzter, "Cold Spring Harbor", kommt voraussichtlich im Herbst 2015.)
Nichts da
Man schaut auf ein angelaufenes Küchenfenster, als würde man dahinter eine strahlende Zukunft sehen.
Aber da ist nichts. Nicht einmal bei Jungverheirateten, die sich in Künstlerkreisen bewegen. Gleich wird Straight Bourbon mit einem Glas Eiswasser getrunken.
Gegen die Langeweile. Gegen die Erfolglosigkeit.
Richard Yates (1926– 1992) war zu Lebzeiten nur in den 60er-Jahren gefeiert worden, für sein Debüt "Zeiten des Aufruhrs". Danach vergaß man ihn – bis zur Wiederentdeckung, von der er absolut nichts mehr hatte; bis zur Verfilmung mit Leonardo DiCaprio 2007.
"Eine strahlende Zukunft" (= Young Hearts Crying, 1984) wurde von einem Freund aus frühen Tagen, jetzt einflussreicher Literaturkritiker, in der New York Times verrissen.
Nun darf man schon anmerken: Die Dialoge treiben die Geschichte nicht nach vorn. Die 500 Seiten waren zu viel.
Aber jeder Satz von Yates ist einen freudigen Seufzer wert – weil nichts getrickst aussieht. Nichts scheint darauf aus, so in der Art von Haruki Murakami das Publikum permanent zu verunsichern, zu schockieren, am Text festzubinden.
Hier sind halt "nur" ein Mann und eine Frau, die ein Kind bekommen und sich scheiden lassen. Man verfolgt halt "nur", wie sich Lucy nach der Ehe entwickelt, Männer ausprobiert, aus dem Mief der 50er-, 60er-Jahre herausschaut und irgendwann sogar an Bob Dylans Musik Gefallen finden wird.
Und es ist "nur" der wenig spannende Ex-Ehemann Michael, der dichtet, wenig beachtete Theaterstücke schreibt und trinkt. Er steuert auf eine zweite Ehe zu. Soll es da Hoffnung geben?
Im "Nur" war Richard Yates einer der ganz Großen.
Der Kritiker (und einstige Freund) vernichtete gleich auch das Gesamtwerk. Yates betrank sich, tobte und ließ sich wieder einmal in die Psychiatrie sperren.
KURIER-Wertung:
Kommentare