René Burri: "Ziel war, das Leben zu erleben"

René Burris bekanntestes Foto zeigt „Che“ Guevara (1963). Die Leica, mit der er das Foto schoss (li.), wird im Mai von Westlicht versteigert
Der legendäre Magnum-Fotograf René Burri über seine Arbeit zwischen Farbe und Schwarz-Weiß.

Ich finde, Fotografieren ist nicht nur Abbilden, sondern es zeigt sich darin auch, was man denkt oder wie man ist“, sagt René Burri. „Nicht bei allem kann man das feststellen, aber irgendwann muss man Farbe bekennen, sagen wir mal so.“

Mehr als 60 Jahre umfasst Burris fotografisches Schaffen, als Mitglied der Agentur Magnum war er bei Schlüsselereignissen der Geschichte zugegen und schuf Bilder mit Ikonenstatus, allen voran das 1963 entstandene Foto von Ernesto „Che“ Guevara mit Zigarre. Doch viele Aspekte seines Werks arbeitete der heute 80-Jährige selbst erst in jüngster Zeit auf: Etwa die Farbfotos, die nun in der Schau „Doppelleben“ in der Wiener Galerie Ostlicht zu sehen sind (bis 15. 3.)

„Es sind zu vielleicht 90 Prozent Bilder, die nie publiziert worden sind“, erzählt Burri, der häufig für Magazine wie Life, GEO, Stern oder Du arbeitete. „Wieso? Weil die Bilder weiter gingen, als vordergründig und süffisant die Situation darzustellen.“

Bilder der Ausstellung "Doppelleben"

René Burri: "Ziel war, das Leben zu erleben"

René Burri in Wien
René Burri: "Ziel war, das Leben zu erleben"

USA. Illinois. Chicago. 1971. [lF][lF]Contact ema…
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09. René Burri, Ernesto „Che“ Guevara…
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EGYPT. Suez Canal. [lF][lF]Contact email: New Yo…
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BRAZIL. Rio de Janeiro. Carnival. [lF][lF]Contact…
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MEXICO. Mexico-City. San Cristobal. Stable, horse …
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René Burri, Im Gesundheitsministerium, Rio de Ja…
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LEBANON. Beirut. 1991. Hotel Marika.[lF][lF]Contac…
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UNITED ARAB EMIRATES. Das Island. 1976. [lF][…
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CUBA. 1987. [lF][lF]Contact email: New York : ph…
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René Burri in Wien
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Rene Burri in Wien
René Burri: "Ziel war, das Leben zu erleben"

René Burri in Wien
René Burri: "Ziel war, das Leben zu erleben"

René Burri in Wien

Spuren der Geschichte

Tatsächlich vermisst man klassischen Fotojournalismus in Burris nun präsentierten Farbwerken fast völlig – stattdessen sieht man überwucherte Raketenrampen bei Cape Canaveral, menschenleere Häuser in Beirut oder einen stillen Strand in der Normandie, auf dem ein Boot von der Landung der Alliierten „übrig geblieben“ zu sein scheint. Es sind exakt komponierte Bilder, deren Dokumentationscharakter erst nach und nach ins Gedächtnis sickert.

Wenn die Bilder etwas über den Menschen Burri verraten, dann wohl am ehesten über seine tiefen künstlerischen Wurzeln: „Ich war auf einer Kunstschule und hatte ein unglaubliches formales Training“, erzählt er. „Das war später auch wieder sehr nützlich. Aber ich kann mich erinnern, dass ich nach der Schule auf die Straße kam und eigentlich sagen wollte: ,Leute, bleibt stehen, ich mach’ da ein Bild!‘ Da war immer Bewegung. Es dauert lange, bis man dann an diesen Punkt kommt, wo man das Formale irgendwie ,bändigen‘ und noch mit einer Emotion und einer Aussage verbinden kann.“

In die Farbe gestoßen

Vieles in Burris Leben ergab sich einfach – nach eigenem Bekunden lernte er das Fotografenhandwerk eher aus Verlegenheit, wollte zunächst Schauspieler werden und wurde vom Magnum-Gründer Henri Cartier-Bresson in den Bildjournalismus „wie ein Baby hineingestoßen“. Auch die Farbfotografie sei ihm eher so passiert:

„Als ich in den 1950er-Jahren anfangen musste, die Dinge zu mixen, hat mich das sehr geärgert“, erklärt er.

„Ein Magazin wollte, dass ich auch Farbfotos mitbringe – und ab diesem Zeitpunkt habe ich immer zwei, drei Kameras mitgetragen. Ich hatte keine Zeit, mir eine Farbfoto-Theorie zu entwickeln, da musste man einfach voll in die Sache. Es hat Jahre gedauert, bis ich den Weizen von der Spreu trennen konnte.“

Auch wenn Burris Fotos oft allein durch ihre Bildmächtigkeit wirken, so weiß der Fotograf doch zu fast allen eine Geschichte zu erzählen: So wartete er sechs Jahre darauf, um Pablo Picasso fotografieren zu können; das berühmte Foto Che Guevaras kam während eines Pressetermins zustande, bei dem Burri quasi unbemerkt im Windschatten westlicher Journalisten agierte, die mit dem Revolutionär diskutierten.

Kein „Promi-Fotograf“

Während die Begegnung kurz bleiben sollte, entwickelte Burri zum Architekten Le Corbusier eine lange Beziehung und fotografierte ihn immer wieder. „Die Kamera war einfach da – ich kam ja nicht so bei der Tür herein, man musste sich diesen Figuren nähern“, sagt Burri.

René Burri: "Ziel war, das Leben zu erleben"
Prominenz allein, sagt er, sei nie der Grund gewesen, warum er den Kontakt zu großen Persönlichkeiten gesucht habe. „Die Motivation war, das Leben zu erleben“, erklärt Burri.

„Was mir oft passiert, ist, dass ich durch ein Bild selbst als Mensch weiterkam. Die Kamera, die ich auch mein drittes Auge genannt habe, war für mich wie ein Schild, mich gegen die unmöglich aufzuhaltende Zeit zu wehren. Das einzige, was man in der Fotografie tun kann, ist, einen Moment festzuhalten, der nie mehr wiederkommt. Das Leben ist so großartig, es passieren Dinge, die man nicht konzipieren konnte, und die man im Flug festgehalten hat. Das war für mich das Großartige – ich habe das alles miterlebt. Und all das ist vielleicht auch in diesen Bildern enthalten.“

Die Ausstellung
René Burri – Doppelleben“ ist bis 15.3. in der Galerie OstLicht (1100 Wien, Absberggasse 27) zu sehen. Limitierte Abzüge sind auch käuflich zu erwerben. www.ostlicht.at

Das Buch
Burris Auswahl seiner Farbfotos ist als Prachtband bei Phaidon erschienen: „Impossible Reminiscences“, 65,95 €

Die Kamera
René Burris Leica, mit der sein Porträt von „Che“ Guevara entstand, wird am 23. Mai in Wetzlar/Deutschland versteigert.

www.westlicht-auction.com

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