Geboren in Ohio, aufgewachsen in New Jersey, Arizona und Kalifornien. Steven Spielbergs Eltern, Leah, eine Konzertpianistin und Arnold, ein Ingenieur, waren ukrainisch- österreichisch-polnisch-jüdischer Abstammung.
Schon mit 14 verwüstete Steven mit Preiselbeermarmelade die Küche, um so realistisch wie möglich einen Horrorfilm auf seiner Super-8-Kamera zu drehen. Mit 21 schlich er sich bei Universal ein und klebte seinen Namen an eine Tür.
Man weiß, wie es weiterging. Dramen, Komödien, Actionfilme und sogar ein Musical später, drei Oscars und zahlreiche weitere Ehrungen am Kamin, ist sein 58. Film nun sein persönlichster.
Wir sprachen mit dem Meisterregisseur über „Die Fabelmans“ (Kinostart in Österreich am 26. Jänner 2023).
KURIER: Fiel es Ihnen leicht, einen Film über Ihre Familie zu machen?
Steven Spielberg: Ich dachte, es würde mir leichtfallen, schließlich kenne ich ja all diese Charaktere und all die Geschichten mein ganzes Leben. Aber wie sich herausstellte, war es eine Riesenherausforderung, denn ich wollte semi-autobiografisch all diese Erinnerungen rekreieren, die nicht nur meine eigene waren, sondern auch die meiner drei Schwestern und die meiner Eltern, die nicht mehr unter uns sind. Die Verantwortung, die damit auf mir lag, begann immer schwerer zu wiegen. Tony Kushner, mein Drehbuch-Co-Autor musste wie ein Therapeut fungieren, denn mir wurde klar, dass es keine Distanz zwischen mir und meinen Erfahrungen gab. Ich habe es immer geschafft, eine Kamera zwischen mich und die Realität zu platzieren, um mich zu schützen, aber das war in diesem Fall nicht möglich.
Wie war das Drehbuchschreiben?
Als das endlich vorbei war, atmete ich erstmal tief aus und dachte, na wenigstens muss ich jetzt keine Autobiografie mehr schreiben.
Sammy im Film, gespielt von Gabriel LaBelle, das sind Sie. Wie haben Sie ihn gefunden?
Ich wollte jemanden, der fesch und sexy ist! Nein, auch das war nicht leicht, denn wir sehen uns selbst ja nicht so wie unsere Freunde und unsere Familien uns sehen. Als Kind hatte ich immer eine Erklärung, warum ich in einer Ecke stand, warum ich nie der Mittelpunkt war, warum ich nie mitgelacht und mitgespielt habe. Ich war scheu und unsicher. Ich musste jemanden finden, der sich dessen anfangs nicht so bewusst ist, denn die Figur musste sich ja weiterentwickeln können.
Judd Hirsch spielt Onkel Boris. Wie war er in Wirklichkeit?
Onkel Boris war eine sehr einschüchternde Präsenz in unserem Leben. Ich habe ihn nur zweimal getroffen, aber er jagte der ganzen Familie Angst und Schrecken ein, denn er war ein Löwenbändiger im Ringling Brothers & Barnum and Bailey Zirkus. Er hatte eine verrückte Karriere. Meine gesamte Familie, mit Ausnahme eines Großvaters, ist ursprünglich aus der Ukraine. Ich bin mit allen möglichen Akzenten und Dialekten aufgewachsen, russisch, jiddisch, deutsch, polnisch. Aber wann immer wir über Onkel Boris redeten, war klar, dass er bei Weitem die größte Persönlichkeit von allen war. Und das, obwohl meine Mutter eine Riesenpersönlichkeit war. Er überragte sogar sie.
Die Super-8-Filme, die Sie als Teenager gedreht haben, spielen auch im Film eine Rolle. Wie haben Sie die wiederhergestellt?
Ich habe sehr hart daran gearbeitet, die Wiederherstellung dieser Filme besser zu machen als die Originale, die ich als Kind gedreht habe. Die Einstellungen waren etwas anders, ich wollte es verbessern, denn ich habe mir diese alten Filme später wieder angeschaut, und sie waren nicht sehr gut. Man muss auch bedenken, dass Super-8 in der damaligen Zeit sehr rar war, nicht viele Leute haben damit gefilmt. Es war ein Handwerk, es gab keine Hilfsmittel, man musste die Filme händisch zusammenkleben. Ich war der Letzte in Hollywood, der das machte. Ich vermisse es, um ehrlich zu sein. Die digitale Evolution ist gut und schön, aber ich vermisse den Geruch von Zelluloid, die Schnitte am Finger, und all diese Momente, mit denen ich aufgewachsen bin. Es war wunderbar, all das in diesem Film einer neuen Generation näherzubringen.
Der Regisseur John Ford kommt sehr prominent vor. War er es, der Sie dazu inspirierte Filme zu machen?
Nein, das war Walt Disney. Er und Cecil B. DeMille. „The Greatest Show on Earth“ war der erste Film, den ich sah. Meine Eltern glaubten, dass der Film mich aufgrund des Zugunglücks darin traumatisiert hatte, und von da an durfte ich lange Zeit nur Disney-Filme sehen. Die Wahrheit ist, dass ich das Zugunglück in einem meiner eigenen Kinderfilme imitiert habe. Danach begann ich John Ford und seine Filme zu verehren. Die Szene in „Die Fabelmans“ mit John Ford ist 100 % so passiert, wie ich sie zeige. Er ist der authentischste Filmemacher, den ich je gekannt habe.
Was konnten Sie in diesem Film dem Publikum zeigen, das Sie vielleicht noch nie zuvor öffentlich gezeigt haben?
Dass es viele Zeiten in meinem Leben gab, in denen ich sehr traurig war. Das habe ich mit vielen Leuten gemeinsam. Scheidungen traumatisieren einen. Ich habe in „E. T.“ versucht, die Scheidung meiner Eltern zu verarbeiten, aber dann bin ich dem entflohen, indem ich ein Alien zwischen mich und die Realität der Scheidung gesetzt habe. Aber diesmal wollte ich total ehrlich sein. Das heißt nicht, dass all meine Erinnerungen 100 % akkurat sind, aber ich habe versucht, mein Bestes zu geben. Ich wollte eine Geschichte erzählen, die am besten reflektiert, wie meine Schwestern und ich aufgewachsen sind, mit unseren Eltern und Onkel Benny.
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