Raue Sounds aus der größten und der zweitgrößten Maschine

Die Hamburgerin Helena Hauff gilt als aufstrebender Star der elektronischen Musik – nicht ohne Grund, wie ihr neues Album zeigt.

„Es ist mir egal, wie berühmt ich bin“, sagt Helena Hauff. Dass sie im Mittelpunkt steht, scheint sie nicht besonders zu kümmern. Während die britische Zeitung The Independent sie „einen der aufregendsten DJs der Welt“ nennt, der deutsche Musikexpress sie als „Postergirl des Electro-Revivals“ und der Spiegel sie als „Shootingstar der deutschen Technoszene“ bezeichnet, besteht die Hamburgerin darauf, ihr „eigenes Ding zu machen“.

Dieses „Ding“ hat Hauff zu einer der gefragtesten Künstlerinnen der elektronischen Tanzmusik gemacht. Ihre stetig ansteigende Bekanntheit ist ein Nebenprodukt. Zu groß wird sie ihr nicht, solange sie in den Clubs, die sie liebt, auflegen kann. Solange die soziale Atmosphäre eines kleinen DJ-Sets nicht verloren geht.

Widerspenstig

Massentauglich ist die Deutsche jedoch kaum – dafür ist ihre Musik wohl zu widerspenstig. Als „hard and nasty“, „hart und dreckig“, beschrieb sie ihren Geschmack. Ihre DJ-Sets gelten als mitreißend und energiegeladen, gar explosiv.

Ihr zweites, aktuelles Album „Qualm“ teilt diese Qualitäten. Dessen erster Track, „Barrow Boot Boys“, schabt so rau über das Trommelfell, wie Hauff es am liebsten mag. Harsch, verzerrt und ursprünglich kling „Qualm“ in seinen ersten Momenten.

Doch die Deutsche kann mehr. „Hyper-Intelligent Genetically Enriched Cyborg“ beweist es: Ein hypnotischer Synthesizer-Strudel, der einen langsam immer tiefer zieht. Dasselbe gilt für „No Qualms“ und „It Was All Fields Around Here When I Was a Kid“ – sie zeigen ihre Musik von der zugänglichsten Seite, die Führung übernehmen die Keyboardmelodien. Kein Wunder, dass gerade diese Tracks ausgewählt wurden, um auf der Streaming-Plattform Soundcloud als „Selektion“ präsentiert zu werden.

Grobkörnig

Auf „Qualm“ ist Hauff Minimalistin. „Eine Drum Machine, ein Synthesizer“, ist das Motto. So verschlingen sich schmutzige Beats und pulsierende Keyboards ineinander – und alles klingt grobkörnig und rau. „Maximum-Musik“, wie Hauff sagt, gemacht mit minimalen Mitteln.

Diese Mittel sind rein analoge: Hauff macht keine Computermusik, wenn sie als DJ auftritt, ist ihr Blick nicht auf einen Laptop, sondern auf zwei Plattenteller gerichtet. „Ich wollte nie in einem Büro arbeiten“, erzählte sie einmal.

So verwendet die Hamburgerin Hardware statt Software, Synthesizer und Drum Machines statt PCs und Musikprogrammen. Der Roland TR-808 und der TB-303 – die größte und zweitgrößte Maschine aller Zeiten, wie Hauff sagt – sind ihre Arbeitsgeräte, analog und altgedient. Beide kommen auf „Qualm“ zum Einsatz, ersterer auf fast jedem Track. So klingt das Album nach den Mitteln der Aufnahme: Kratzig, ein wenig ramponiert – und auf jeden Fall lebendig.

Funktionieren soll „Qualm“  fast wie ein DJ-Set, erzählt Hauff – eine Aufgabe, die das Album souverän erfüllt: Düstere Spannung zieht sich durch die zwölf Tracks, trotz der minimalistischen Produktion wird „Qualm“ niemals eintönig.
Ein großer Wurf.

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