Rapper Cro: Mit "Easy" gar nichts verdient
Hallo, ich bin der Carlo". Die Panda-Maske liegt neben Cro auf dem Sofa. Weil kein Fotograf beim KURIER-Interview dabei ist, braucht der 24-Jährige diesen "Schutz der Privatsphäre" jetzt nicht, kann ganz er selbst sein. Und dabei erweist sich der 2012 mit dem Super-Hit "Easy" und dem Album "Raop" zum Star aufgestiegene Stuttgarter als genauso verspielter wie ehrlicher Gesprächs-Partner.
KURIER: Ihr neues Album „Melodie“ ist viel härter als „Raop“, geht viel mehr in Richtung Rap als Pop. Warum das?
Cro: Rap ist meine Heimat, da bin ich verliebt, da werde ich auch sterben. Ich bin davon mit „Raop“ leicht abgedriftet, was ja auch gut war, weil es die Fan-Base so drastisch vergrößert hat. Aber trotzdem wollte ich jetzt wieder etwas für Rap-Fans machen. „Melodie“ habe ich es genannt, weil mir eine gute, einnehmende Hookline immer noch sehr wichtig ist.
In dem Song „I Can Feel It“ kontern Sie ihren Kritikern. Wann haben Sie Ihre Meinung geändert, dass es besser ist, das zu ignorieren?
Ich dachte immer, wenn ich darauf antworte, bekommt der Kritiker nur das, was er wollte – nämlich die Aufmerksamkeit. Aber es war so, als würde mir wer auf die Füße steigen – immer und immer wieder auf denselben Zeh. Irgendwann tut der Zeh echt weh. Deshalb sage ich mit dem Song „Hört auf mit dem Scheiß!“
Was waren die Kritikpunkte, die Sie am meisten verletzt haben?
Das sind Dinge, die man nicht so mitkriegt, wenn man nicht in diesen Rap-Szene-Strukturen drin ist. Und vieles kriege ich auch selbst nicht mit. Aber ich habe schon öfter mal eine Mail gekriegt, wo es hieß, der und der hat das und das über dich gesagt – irgendwelche blöden Beleidigungen.
Also gar keine sachliche Kritik am Album?
Nee. Deshalb konnte ich das auch eine Zeit lang gut ignorieren. Das ist ja nur stupider Quatsch. Aber wenn sich dann ein schlauer Mensch hinsetzt und sich die Zeit nimmt, das Album zu zerpflücken, Texte zu zitieren und zum Schluss kommt, das ist Scheiße – das geht einem schon nahe. Das kam aber nicht so oft vor.
Es gab sogar eine Cro-Gegner-Gruppe, die sich T-Shirts gedruckt hat, auf denen ein Panda ermordet wird.
Das war beim Splash-Festival: Ich zum ersten Mal dort, ich eh noch kaum live aufgetreten, mein drittes Festival vielleicht. Da hatte ich ohnehin auch so richtig Schiss. Und dann die von der Gegenfraktion, die dachten sie müssen das jedem zeigen – mit T-Shirts, wo ein Panda ein Messer im Kopf hatte und voll Blut ist. Ich dachte, verdammt, was jetzt? Aber da muss ich jetzt trotzdem raus – auch wenn ich vielleicht eine Bierflasche auf den Kopf kriege. Es ist aber nichts passiert.
In dem Song „Erinnerung“ geht es um Ihre Erfolge und die Preise. Wo haben Sie die stehen?
Auf dem Klo. Die hängen dort an den Wänden oder stehen auf dem Sims.
Warum denn dort? Ich habe schon den Eindruck, dass sie den Erfolg sehr genießen!
Natürlich. Was gibt es Geileres, als mit dem, was man liebt, Erfolg zu haben? Aber ich nehme die Preise nicht so ernst. Außerdem sehe ich sie auf dem Klo nur einmal am Tag. Und dann ist das noch etwas wert, weil man sich nicht daran satt sieht. Ich freue mich auch schon auf die Goldene von „Melodie“. Die hat zwar nur mehr an der Decke vom Klo Platz, aber egal.
In „Rennen“ prangern Sie an, dass wir zu viel Zeit im Internet hängen. Gab es dafür einen konkreten Auslöser?
Ich habe mal eine 12-Jährige getroffen, die mir von ihrer besten Freundin erzählt hat: Sie treffen sich jeden Tag, schon seit drei Jahren. Und dann stellte sich heraus, dass die eine in München und die andere in Hamburg ist, dass sie sich noch nie persönlich getroffen haben und das nur über Facebook läuft. Die geht nach der Schule heim und triff ihre Freundin am PC. Da dachte ich, Mädel, geh doch mal mit deiner Nachbarin in den Park Sandburgen bauen.
Haben Sie das selbst so gemacht?
Ich bin immer lieber in der Pfütze gesessen und hab Dreck gefressen, als mit Gameboy und Play Station zu spielen. Ich hab das von meine Eltern auch gar nicht bekommen. Ich hatte bis 17 nicht einmal ein Handy. Auch keinen Fernseher im eigenen Zimmer. Ich konnte nur im Wohnzimmer gucken.
Und das haben Sie nicht als Einschränkung empfunden?
Doch, natürlich. Ich fand das Kacke, sagte zu meinen Eltern: Gebt mir einen Fernseher. Sie: Nein! Ich: Doch! Sie: Nein. Ich: Gut, dann zieh ich aus. Dann bin ich gegangen. Und nach drei Stunden wieder eingezogen, weil ich nur eine Socke und ein „Fix und Foxi“-Spiel mit hatte. Damit kommt man nicht weit. Aber irgendwann habe ich verstanden, dass das schon cool war.
Wann denn?
Gerade jetzt, wo wir darüber reden, ha ha ha . . .
Sie haben auf „Melodie“ viel weniger Samples . . .
Es sind gar keine Samples drauf! Das haben wir alles selbst gespielt. Außer diese eine Stelle auf dem Song „Never Grow Up“, die wir aus „Peter Pan“ haben.
Warum auf einmal kein Samples mehr?
Weil das mit dem Einholen der Genehmigungen so kompliziert ist. Zum Beispiel bei „Easy“, das auf einem Sample von Bobby Hebbs „Sunny“ basierte: Da hat es ein halbes Jahr gedauert bis die Witwe von Bobby Hebb sich überhaupt einmal gemeldet hat. Dann hat sie gesagt: „Ja, das machen wir.“ Und dann: „Ich will aber alles haben!“ Und dann hat sie alles bekommen. Wir hatten ein tolles Lied, aber nichts damit verdient.
Sie haben wirklich gar nichts mit „Easy“ verdient?
Ich habe vielleicht 15 Prozent der Einnahmen bekommen, denn sie hat sich sogar die Rechte am Text gesichert. Aber es war mir egal, denn es war mir wichtig, das rauszubringen. Und das Lied war für mich so viel mehr wert als Geld – es hat mir den Durchbruch gebracht hat.
Was haben Sie selbst gespielt?
Ich habe schon als Kind Klavier gelernt. Und damit hast du ja dann mit einem Synthesizer auch Trompeten und alles andere was du möchtest. Und Gitarre kann ich – sagen wir – ausreichend.
Aha, ein Klavier gab es zuhause also, aber keinen Gameboy!
Ja. Das klingt jetzt alles so schrecklich spießig und konservativ. Mein Familie ist aber gar nicht so. Das war im Gegenteil die chaotischste Familie, die es gibt: Vier Kinder, all rennen im Kreis und gegen Glastüren, malen Wände an. Meine Mutter hatte mit uns alle Hände voll zu tun. Und ich wollte damals Klavier spielen lernen. Das war mein eigener Wunsch
Wann haben Sie ihren ersten Songs geschrieben?
Das kam erst später, so mit 14 oder 15. Mein Bruder hat gut Gitarre gespielt. Da habe ich mir dann von ihm Sachen zeigen lassen, hab sie einen Nachmittag lang geübt und konnte das am Abend. So lernt man Stück für Stück. Da kommt man dann drauf, aha, „Stairway To Heaven“ geht wie „House Of The Rising Sun“ nur mit einem einzigen veränderten Akkord. Dann spielt man rum und irgendwie ergibt es sich, dass man eigene Sachen schreibt.
Neulich hat mich einer gefragt, ob ich es für eine Million tun würde. Nein! Zwei? Nein! Drei? Auch nicht. Und als wir bei zehn Millionen waren, dachte ich, das wäre schon irre, denn dann könnte ich eigentlich aufhören. Aber nein! Ich glaube, ich würde sie nur abnehmen, wenn jemand sagen würde, einer deiner Liebsten muss sterben, wenn du sie nicht abnimmst.
INFO: Cro ist heuer noch zwei Mal live in Wien zu sehen: Am 29. Juni beim Donauinselfest als Headliner auf der Ö3-Bühne. Und am 17. November in der Stadthalle. Karten dafür gibt es unter 01/96 0 96 oder www.oeticket.com
Kindheit
Cro wurde am 31. Jänner 1990 als Carlo Waibel in Mutlangen bei Stuttgart geboren. Als Kind lernte er Klavier spielen, als Teenager von seinem Bruder, wie man eine Gitarre zum Klingen bringt.
Karriere
Ab 2006 war Cro unter dem Pseudonym Lyr1c als Rapper im Internet aktiv und begann Mix-Tapes zu veröffentlichen. Der Durchbruch gelang ihm 2012 mit dem Super-Hit „Easy“. Cro ist außerdem Grafiker und Designer und betreibt nebenbei das Modelabel „Viovio“, für das er T-Shirts entwirft.
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