Ramponierte Schätze, aus dem Depot-Fegefeuer geborgen

Quasi ein Schaudepot: Hoffmann-Möbel und nicht erforschte Provenienzen
Direktor Hans-Peter Wipplinger präsentiert etwa 190 renovierungsbedürftige, zum Teil nicht erforschte Kunstwerke und Objekte.

Seit der Eröffnung vor 15 Jahren hat man im Leopold Museum vieles von dem sehen können, was der Augenarzt Rudolf Leopold, gestorben 2010, gesammelt hat. Aber wohl ebenso vieles blieb im Depot. Einerseits, weil die Bestände aus der Nachkriegszeit keine großen Erfolge beim Publikum versprachen. Und andererseits, weil das Geld fehlte, ramponierte Objekte präsentabel zu machen. Hans-Peter Wipplinger, der neue Direktor, zeigt nun (bis 22.2.) einen Querschnitt dieser "Verborgenen Schätze der Sammlung".

Die kurzfristig realisierte Ausstellung in drei Sälen des Untergeschosses hat den sympathischen Charakter eines Schaudepots: Dicht an dicht stehen, hängen, liegen makelbehaftete Objekte aller Art, darunter ein melanesisches Gefäß aus Kokosnussschale, stockfleckige Plakate der Secession, eine Seidenbluse mit Schweißflecken und mehrere angerostete Gitterkörbe der Wiener Werkstätte, Hocker der Aschanti aus Ghana, Messingköpfe von Franz Hagenauer etc.

Mut zum Makel

Auf einer Tribüne – wie in einem Museum für angewandte Kunst – sind Sessel, Tischchen und Fauteuils aneinandergereiht, die meisten entworfen von Josef Hofmann. So nebenbei wird dessen vielfältige Formensprache vor Augen geführt. Man stößt auch auf ein paar zentrale Werke, darunter die "Pieta" von Albin Egger-Lienz, und einen Schwerpunkt mit gut 20 Ölgemälden von Cecil van Haanen. Der Sinn der Ausstellung wird nicht verhehlt: Das Museum sucht potente Paten. Bei jedem Exponat ist vermerkt, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten (Entsäuerung, Kittung, Retusche, Rissverklebung, Nachleimung, Trockenreinigung, Verglasung) und was das Ganze kosten würde.

Wipplinger geht es aber auch um Transparenz und Erkenntnisgewinn. So stellte sich z.B. im Zuge des Aufbaus heraus, dass die Zuckerdose aus Silber doch nicht, wie bisher vermutet, aus Wien um 1900 stammt – sondern aus der Biedermeierzeit. Vielleicht ergeben sich auch Hinweise zu Provenienzen (bzw. zu Raubkunst).

In den Katalog aufgenommen (wenn auch "aus Platzgründen" nicht ausgestellt) wurde z.B. Koloman Mosers "Eckschrank aus dem Toilettezimmer der Wohnung Eisler von Terramare". Sophie Lillie beschreibt das Schicksal der jüdischen Familie in ihrem "Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens": Die Konservenfabrik wurde durch die Firma Inzersdorfer arisiert, die Direktoren Stephan und Johann Eisler von Terramare nahmen sich das Leben, der Regisseur Georg Eisler von Terramare konnte zwar fliehen, doch dessen Umzugsgut wurde vom NS-Regime beschlagnahmt und veräußert. Bedenklich ist, dass man es im Leopold Museum nie der Mühe wert gefunden hat, sich mit der Sache auseinanderzusetzen.

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